Brot und Spiele? Wie eine Reform im Schatten der WM unser Internet komplett verändern könnte!
„Eigentlich Informiere ich mich täglich, aber von der Copyright-Richtlinie hab ich bisher noch nichts gehört“
So wie dem Studenten Max (Name von Redaktion geändert) geht es vielen. Der WM-Trubel überdeckt mal wieder eine wichtige Entscheidung. „Reform des Urheberrechts“, „Leistungsschutzrecht“ und „Copyright-Richtlinie“. Es gibt viele Namen für den neuen Gesetzesentwurf. Im Kern bedeutet die Einführung der neuen Richtlinie, dass Verleger ein Recht an geschützten Inhalten bekommen. Also genau wie schon Musik-/Filmproduzenten bisher.
Was auf den ersten Blick fair und eigentlich auch selbstverständlich klingt, entpuppt sich auf den Zweiten als Gefahr für das freie World Wide Web. Suchmaschinen wie Google oder Yahoo brauchen zukünftig eine Erlaubnis um bei ihren Suchergebnissen Überschriften und Ausschnitte von Pressetexten zeigen zu dürfen. Außerdem müssen kommerzielle Internetseiten das Anzeigen von redaktionellen Inhalten künfitg bezahlen. Dazu gehören schon kleine Blogger oder Medien, die durch Werbung Geld verdienen.
„Das Internet, wie wir es kennen wird sich ändern, wenn Plattformen systematisch Inhalte filtern müssen, die Nutzer hochladen“
meint die Generaldirektorin des europäischen Datenschutzverbandes Monique Goyens. Denn es trifft auch die normalen Internetnutzer. Artikel 13 der Reform sieht vor, dass Online-Plattformen mit nutzergeneriertem Inhalt vorher eine Genehmigung für die Rechte von Inhalten, die ihre User hochladen, einholen müssen. Machen sie das nicht, droht ihnen bei einer Urheberrechtsverletzung Strafe. Zudem müssen die Webseiten Filter einbauen, die die Inhalte noch während dem Hochladen überprüfen und aussortieren. Wenn Max bei Facebook oder YouTube ein eigenes Video hochlädt, wird es überprüft. Hört man da zum Beispiel im Hintergrund Musik oder sieht man ein Kinoplakat, so verstößt es gegen die neue Richtlinie und wird gar nicht erst im Netz gezeigt.
„Die Pläne für automatische Filter sind kurzsichtig und werden legale Inhalte wie Memes und Parodien blockieren. Verlierer sind am Ende Künstler, europäische Plattformen und kleine Start-ups“
sagt Europapolitikerin Julia Reda. Es ist daher nicht verwunderlich, dass mehr als 70 Digital-Pioniere schon vor der Abstimmung gewarnt hatten. Sie befürchten eine Veränderung des Internets von einer „offenen Plattform“ zu einem „Werkzeug für die automatische Überwachung und die Kontrolle der User“. Zu besagten Pionieren gehören unter anderem der Wikipedia-Gründer Jimmy Wales und der Erfinder des WWW Tim Berners-Lee.
Internetnutzer können sich immer noch dafür einsetzen, dass die neue Richtlinie nicht eingeführt wird. Dazu müssen sie vor der Plenarabstimmung Anfang Juli, also der endgültigen Entscheidung, die Mitglieder des Europäischen Parlaments kontaktieren. Wie das genau geht, erfahrt Ihr hier.