Von der neuen Jeans, über Konzerttickets bis hin zum neuen Ladekabel, heute gibt es kaum etwas, das man nicht im World Wide Web bestellen kann. Nur ein paar Klicks und schon morgen ist es da. Doch was wäre, wenn wir bald nur noch online shoppen könnten und die vollen Einkaufsstraßen, die Schlangen vor den Umkleidekabinen und die bunten Schaufenster der Vergangenheit angehören würden?
Die Welt ist im stetigen Wandel und so auch unser Kaufverhalten. Im vergangenen Corona-Jahr nahm der Online-Handel in Deutschland um 19 Prozent zu (Stand 2022, Tagesschau). Vor allem Medikamente werden immer häufiger online bestellt. Die Bestellungen von Lebensmitteln verdoppelten sich im Vergleich zum Vorjahr. Der Lockdown, die Angst vor einer Infektion im Supermarktgedränge, aber auch die reine Bequemlichkeit brachte uns auf den Geschmack der Bestellungen im Netz.
Was sich ohne den Einzelhandel sicher verändern würde, ist das Shopping-Erlebnis. Die persönliche Beratung würde wegfallen, die Gerüche und Musik im Geschäft gäbe es nicht mehr. Auch die Menschen um uns herum und die Atmosphäre wären eine andere. Prof. Dr. Andrea Gröppel-Klein, Konsumverhalten-Forscherin der Universität im Saarland erklärt, dass dies für viele Unternehmen negative Auswirkungen auf das Marketing hätte. Gerade im persönlichen Gespräch mit den Kunden ließen sich leicht Präferenzen identifizieren und man trifft leichter den Geschmack des Kunden.
Trotz des Anstiegs der personalisierten Warenvorschläge im Netz, setzen ein paar Online-Giganten nun auch wieder auf die Vorteile des Einzelhandels. Zalando eröffnete in den letzten Jahren vermehrt Zalando Outlets in vielen deutschen Großstädten. Ganz ohne Ladengeschäfte scheint es wohl doch nicht zu gehen.
Die Taktik der Personalisierung der Werbebotschaften und Identifizierung der Kundenpräferenzen durch Algorithmen kann durchaus problematisch gesehen werden. Wir teilen immer mehr Informationen über uns, sodass selbst höchst persönliche Daten wie Krankheiten durch Medikamenteneinkäufe identifizierbar werden. Datenschutz würde in diesem Zukunftsszenario noch bedeutender werden müssen.
Zwar finden wir mithilfe der Vorschläge schnell Waren, die uns gefallen, allerdings birgt es auch eine große Versuchung, die wohl jeder kennt. Schnell landet noch das ein oder andere Fashion-Item im Warenkorb. Kauf auf Rechnung und kostenlose Rücksendungen mildern den Schock vor der großen Summe, die unten an unserem Warenkorb prangert. Es kann ja noch zurückgeschickt werden! Die Gefahr von Überschuldung durch zunehmend ungezügeltem Konsumerhalten sehr vieler Verbraucher wird somit jedoch Tür und Tor geöffnet.
Social Media wäre der nächste entscheidende Aspekt in unserem Zukunftsszenario. Instagram, Facebook und Co. haben einzigartige Interaktionsmöglichkeiten und Unmengen an Nutzerdaten zur Verfügung. Sie könnten diesen Vorteil nutzen und einen neuen Marktplatz eröffnen. Influencer könnten noch bedeutender werden.
Viele große Online-Händler wie Amazon, Zalando oder Otto Versand haben mittlerweile eine Monopolstellung eingenommen. Es ist sehr schwer für kleinere Unternehmen, vor allem für den lokalen Einzelhandel gegen den Preisdruck und die breite Auswahl gegen anzukommen. Wäre der gesamte Handel nur noch online wäre es auch für die nationale Wirtschaft deutlich schwerer Monopolisierungen von Globalen Playern zu reglementieren und einzudämmen. Die Vernetzung und Abhängigkeitsverhältnisse der globalen Wirtschaft würden zunehmen.
Im Schnitt tätigen die Deutschen ein Zehntel ihrer Einkäufe online. Demzufolge würden bei 100% Online Handel 10-Mal so viele Pakete auf die ohne hin schon überlasteten Paketboten und den Versandhandel zukommen.
Die Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen der Zulieferer wären immens. Sie würden sich durch den Fachkräftemangel und dem daraus resultierenden enormen Zeitdruck verschlechtern. Auch der zunehmende Konkurrenzkampf zwischen den Logistikunternehmen würde einen Einfluss auf das Arbeitsklima haben. Laut Klaus Schmierl vom Institut der Sozialwissenschaften in München gibt es jetzt schon kaum Tarifverträge in dieser Branche. Auch Gewerkschaften hätten es schwer etwas an den Bedingungen zu ändern.
Viele Paketboten stammen aus Osteuropa. Diese zugewonnenen Arbeitskräfte aus Teilen Europas würden in unserem Szenario jedoch nicht ausreichen. Es müssten Arbeitskräfte aus fernen Ländern rekrutiert werden.
Ein Lösungsansatz wäre es einige Prozesse in der Logistik, wie beispielsweise das Sortieren der Ware, von Robotern übernehmen zu lassen. In den USA gibt es bereits vereinzelt selbstfahrende Lieferwagen.
Es wird außerdem mehr Abhol- und Paketstationen geben müssen, da es kaum mehr möglich sein wird, alle Pakete vor die Haustür zu liefern. Tracking der Pakete über eine App wird sich etablieren.
Aber auch einige anderen neuen Innovationen könnten eingesetzt werden. In den USA gibt es bereits die sogenannte „Apple Key App“. Diese ermöglicht es mit einem Code einen Handwerker oder sonstige Personen ins Haus zu lassen, wenn man nicht daheim ist. Alles wird per Video überwacht. Ob so etwas in einer sehr sicherheitsbewussten, österreichischen Gesellschaft angenommen werden würde und inwiefern dies mit der Privatsphäre vereinbar ist, bleibt fraglich.
Der nächste große Punkt ist die Auswirkung auf unser Klima. Und anders als es Viele jetzt wahrscheinlich denken würden, nicht unbedingt eine negative. Dadurch, dass nicht mehr viele Einzelpersonen mit dem Auto zum Geschäft fahren, der wiederum Energie für Strom und Heizen benötigt, kann CO2 eingespart werden.
Es muss sich jedoch etwas an unserem Bestellverhalten verändern. Der Trend geht dahin, dass viele Einzelbestellungen getätigt werden und viel zurückgesendet wird. Mit staatlich erhobenen Abgaben für Rücksendungen könnte diese Umweltsünde gemindert werden. Man müsste Anreize für Sammelbestellungen setzen. Expresssendungen müssten ein Tabu sein, da so oft nur halb beladene Laster losgeschickt werden.
Außerdem wäre das Verpackungsproblem anzugehen. Jeder kennt die Massen an Papier durch die man sich kämpfen muss, bis man zu seinem kleinen USB-Stick durchgedrungen ist. Hier bedarf es neuer Lösungen.
Das Positive an grundlegenden Veränderungen könnte darin liegen, dass wir die freistehenden Einkaufsstraßen nun für Grünraum z.B. Urban Gardening (Anbau von Hochbeeten) nutzen könnten. Der Stadtkern wäre nun nicht mehr zum Einkaufen, sondern z.B. für Freizeitangebote, Gastronomie und Kultur. Außerdem würden vermutlich die Mieten für Gewerbeflächen sinken, so dass sich vereinzelt kleine Manufakturen ansiedeln könnten.
Alles in allem bleibt es Experten zufolge eher unwahrscheinlich, dass der Einzelhandel komplett ausstirbt, auch dadurch, dass wir bestimmte Bevölkerungsschichten ohne internetfähiges Gerät vom Handel ausschließen würden. Viele schätzen die physische Begutachtung der Waren, anstatt sie nur anhand eines Fotos einzuschätzen. Im Namen der Umwelt und im Namen aller erschöpften Paketboten wäre aber sicherlich jedem geholfen, wenn wir uns bei unserer nächsten Bestellung fragen: Brauche ich das wirklich?
Bild: Jana Dähling
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