Gesellschaft

Diversität im Pride Month: ADHS und das Konzept der Neurodiversität

ADHS ist im Kindes- und Jugendalter gut behandelbar, wird aber häufig erst nach Jahrzehnten erkannt. Betroffene finden dann keine Erklärung für ihre zum Teil enormen Probleme im Alltag. Bei einer späten Diagnose haben sie oft bereits einen langen Leidensweg hinter sich.

Unter dem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (kurz: ADHS) hat man lange Zeit eine psychische Erkrankung verstanden, die der Gruppe der Verhaltens- und der emotionalen Störungen zugeordnet wurde. ADHS war ebenso lange im Verruf, eine Modediagnose für zappelige Kinder zu sein, die weniger fernsehen und sich „mal austoben“ sollten. Neben dem Einfluss von Umweltfaktoren spielt eine genetische Veranlagung aber eine große Rolle bei den Ursachen für ADHS. Laut aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen handelt es sich dabei nämlich um eine Stoffwechsel- und Funktionsstörung des Gehirns. Der Botenstoff Dopamin, welcher Aktivität und Antrieb in unserem Gehirn steuert, wird zu schnell abgebaut. Der Mangel beeinträchtigt die Informationsverarbeitung zwischen den Hirnabschnitten und wirkt sich auf die Konzentration, Wahrnehmung und Impulsivität aus.

Alle Menschen sind neurodivers

Nach dem Konzept der Neurodiversität befinden sich alle Menschen auf dem Neurospektrum. Neurotypische Abweichungen wie ADHS/ADS, Autismus, Legasthenie usw. werden nicht als pathologische Störungen, sondern als Teil der genetischen Vielfalt gesehen. Eine Therapie oder medikamentöse Behandlung sei demnach auch nicht notwenig- vielmehr müssten die angelegten Ressourcen aktiviert und die individuellen „Gaben“ gefördert werden.

Betroffene schließen sich dem Konzept nur teilweise an

Das Konzept der Neurodiversität entstigmatisiert ADHS und andere neurotypische Abweichungen. So können veraltete Vorstellungen wie die des „Zappel-Philipp“ oder Urteile à la: „Der muss sich nur mal richtig austoben!“, durch ein zeitgemäßes tolerantes Bild ersetzt werden. Einen Therapieansatz gibt es aber nicht. Besonders für Menschen mit starkem ADHS können der Leidensdruck und die Schwierigkeiten der Alltagsbewältigung aber so hoch sein, dass eine Behandlung benötigt und erwünscht ist. Umso positiver ist die Entwicklung, dass beide Ansätze nebeneinander existieren und bestehen können, ohne einander auszuschließen.

Beitragsbild: © Laura Miketta

Julie Hassel

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