Mit Klarna in der Schuldenfalle

„Make Capitalism History *“ von Sterneck ist lizenziert unter CC BY-NC-SA 2.0. Zum Aufrufen von eine Kopie dieser Lizenz, besuche https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/?ref=openverse.

Wie PayLater Services einem das Geld aus der Tasche ziehen und wieso mit Schulden prahlen ein TikTok Trend geworden ist – „Goschat“ erklärt.

Zu Schön um Wahr zu sein?

Spätestens seit Anfang der Pandemie ist klar geworden, dass Online Shopping ein aufregender Zeitvertreib ist. Als in Zeiten der unzähligen Lockdowns der Einzelhandel die Türen schließen musste und ein Besuch auf der Mariahilferstrasse in Wien nicht wie gewohnt mit vielen Einkaufssackerln in den Händen und einem erleichterten Portmonee in der Hosentasche ablaufen konnte, wichen die Menschen auf die wie Unkraut wachsenden Online-Angebote des Einzelhandels aus. Von Zara, über H&M bis hin zu Douglas oder dem altbekannten Amazon, alles drehte sich plötzlich um Online Shopping. Umso schöner ist es, wenn nach einer Tour durch die digitalen Einkaufszentren nicht die Geldbörse bluten muss. Der schwedische Zahlungsanbieter Klarna hat sich hierfür eine ausgetüftelte Idee einfallen lassen: Jetzt kaufen, später bezahlen. Das Unternehmen übernimmt die Zahlungsansprüche der Kund*innen und gewehrt ihnen die Möglichkeit, bis zu 30 Tage nach Kauf die Zahlung abzuwickeln. Klingt praktisch und kommt vor allem gut an: mit einem Jahresumsatz von 1,03 Millionen Euro im Jahr 2020, 400.000+ mit Klarna kooperierenden Onlinehändlern und 147 Millionen Endverbraucher*innen sprechen die Zahlen allein schon vom Erfolg. Allerdings nehmen nicht alle Klarna-Nutzer*innen die großzügige Frist von knapp einem Monat so genau und langsam aber sicher stapeln sich die digitalen Rechnungen.

Wie hast du’s mit den Schulden?

Pro Tag wickelt das schwedische Klarna 2 Millionen Transaktionen ab. Das nicht jede davon fristgemäß gezahlt wird, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Denn wer nicht sofort das Geld am Konto schwinden sieht, kauft meist mehr, als er sich leisten kann. Wenn es dann am Konto nicht ausreicht, die über Klarna gezahlten Einkäufe zu begleichen, haben Kund*innen die Möglichkeit auf Ratenzahlung umzusteigen oder für ein bis zwei Euro die Frist noch einmal zu verlängern. So passiert es, dass sich Beträge stapeln, Fristen überlappen und immer mehr Geld in den Zahlungsanbieter fließt – Geld, dass seitens der Kund*innen fehlt. Ein Kartenhaus aus Schulden baut sich auf und stürzt wenig später auf die Endverbraucher*innen ein. Unter dem Hashtag #Klarnaschulden teilen „Opfer“ des Pay Later Anbieters auf TikTok die endlos hohen Schuldenbeträge, die auf ihren Schultern sitzen und darauf warten, abbezahlt zu werden (übrigens: auch wer Schulden bei Klarna hat, kann den Anbieter weiterhin nutzen). In einer Art Wettkampf um die höchsten Beträge prahlen die Nutzer*innen mit ihren Schulden. Dass dabei nicht alle Opfer volljährig sind und es sich auch um Beträge im vier bis sieben stelligen Bereich handeln kann ist dabei alles andere als beruhigend.

Laut Klarna alles #FakeNews

Nachdem sich unzählige User*innen auf TikTok zu ihren Schulden auf Klarna äußerten, dauerte es nicht lange, bis der Trend viral ging und auch das schwedische Unternehmen selbst Wind davon aufnahm. Auch an Kritik hagelte es deutlich: Klarna soll gezielt junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren ansprechen und eine junge Generation an Menschen in ihre Dienste „locken“, dessen Bewusstsein für Geld noch nicht so ausgereift ist, wie dass eines zahlungsbewussten Erwachsenen. In einem Statement auf ihrer Website, äußerte sich der Zahlungsanbieter zu der Situation und stritt die Vorwürfe ab: „Wenn es um das wirtschaftliche Verhalten unserer jüngsten Nutzergruppe, der 18- bis 25-Jährigen, geht, werden sie oft als eine Gruppe mit geringer finanzieller Verantwortung dargestellt. Unsere internen Daten zeigen jedoch, dass diese Gruppe sich genauso verantwortungsbewusst verhält wie die Durchschnittsnutzer*innen“, heißt es darin. Ebenfalls betont der Zahlungsanbieter, dass erst ab der Volljährigkeit ein Konto auf Klarna erstellt werden kann – genauso wie Pornos im Internet erst ab 18 Jahren erlaubt sind. Weiter im Text stellt das schwedische Unternehmen dennoch klar, dass der Trend #Klarnaschulden beunruhigend sei und sie offiziell davon abraten, Schulden auf Klarna für Views zu generieren. Als Zahlungsanbieter verdient Klarna schließlich daran, dass Menschen ihren Service nutzen, egal ob Schulden am Konto oder nicht.

Was am Ende übrig bleibt…

Nachdem der Schulden-Trend auf Tik Tok, wie viele Trends davor, langsam abklang, entschied Klarna sich zu „kundenfreundlichen Produktänderungen“ und strebt seither an, das finanzielle Wohlergehen seiner Nutzer*innen zu verbessern. Der Aufschrei sei also angekommen zu sein und in Zukunft das Schulden stapeln nicht mehr so einfach, wie vorher. Für alle, die an endlos hohen Klarna-Schulden leiden heißt jedoch weiterhin abbezahlen und nicht mehr in die Pay Later Falle tappen.

Make Capitalism History *“ von Sterneck ist lizenziert unter CC BY-NC-SA 2.0. Zum Aufrufen von einer Kopie dieser Lizenz, besuche https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/?ref=openverse.