Der Sieg über leerstehenden Wohnraum

Ein von Aktivist*innen besetztes Bild im 15. Bezirk.

Immer wieder werden in ganz Österreich leerstehende Häuser oder Wohnung besetzt. Die unermüdlichen Aktivist*innen möchten damit auf ein stetig wachsendes Problem Aufmerksam machen: Ungenutzter Wohnraum, obwohl dieser dringend gebraucht wird. Hohe Mieten, die vielen Bürger*innen das letzte Geld aus den Taschen ziehen. Die Politik beschäftigt sich nun schon eine Weile mit dem Problem; im April dieses Jahres stellten die Wiener Grünen eine Leerstandsabgabe vor, die spekulativem Leerstand ein Ende setzen soll. Andere Bundesländer, wie die Steiermark, beschlossen bereits fix eine Abgabe. In der Bundeshauptstadt hapert es aber noch.

Wie viele leere Wohnungen gibt’s eigentlich?

Bis heute ist praktisch unbekannt, wie viele Wohnungen in Wien leer stehen. Das Problem: „Es gibt keinen verpflichtenden Leerstandsmelder. Im Jahr 2015 gab es die letzte Schätzung mit rund 10.000 langfristig leerstehenden Wohnungen. Die Dunkelziffer wird aber wesentlich höher sein“, erklärte Wohnbausprecher und Landtagsabgeordneter Georg Prack (Grüne) in einem Gespräch mit Goschat. Der fehlende Überblick über die Situation begünstigt jene Menschen, die davon am meisten profitieren. „Klare Leerstandszahlen und präzise Erhebungen würden auch eine stärkere politische Grundlage für das Durchsetzen einer Abgabe geben. Das würde wiederum zeigen, dass das Problem in Wien weit größer ist als angenommen“, so Prack. Denn, dass Wohnraum nicht ohne Grund leer bleibt und der Kampf gegen diese Thematik nur langsam voran geht, hat viele Gründe.

Wenn mit Lebensraum spekuliert wird

Angefangen mit dem fehlenden Leerstandsmelder, über „Betongold-Wohnungen“, bis hin zur touristischen Zweckentfremdung. Den Überblick über die Situation verliert man schnell. Grundsätzlich aber, stellt das Spekulieren mit Immobilien das größte Problem dar. Dabei werden beispielsweise Altbauten bis hin zur Abrissreife vernachlässigt und mit Neubauten ersetzt: „Da können zwar mehr Wohnungen gebaut werden, gleichzeitig kann die Miete (…) aber so hoch gesetzt werden, wie der*die Besitzer*in will“. Des Weiteren tragen Anleger*innenwohnungen zu leerebleibenden Wohnraum bei. Geld wird in „Betongold“ geflößt und Wohnungen gebaut, um Rendite zu kassieren. Von Bewohner*innen in den Gebäuden fehlt dabei aber jede Spur: „An eine Vermietung wird nicht gedacht, weil Mieter*innen als Belastung gesehen werden. Da wird wichtiger Wohnraum als Wertanlage genutzt, den Menschen dringend brauchen würden.“, erklärte der Wohnbausprecher. Gleichzeitig raubt auch die touristische Zweckentfremdung etlicher Wiener Wohnungen dringend notwendigen Wohnplatz. Mittels Plattformen wie Airbnb bieten viele Grundbesitzer ihre Wohnräume für Tourist*innen in rekordhohen Preise an, anstatt langzeitige Bewohner*innen darin zu beherbergen.

Weniger Leerstand dank Leerstandsabgabe?

Eine Lösung, gegen all diese Punkte, könnte eine Leerstandsabgabe bringen. In voraussichtlich drei Bundesländern – der Steiermark, Tirol und Salzburg – wird diese schon bald zur Realität und hilft Eigentümer*innen dazu anzuregen, ihre Wohnräume mit Bewohner*innen zu füllen. Laut Prack soll bei den Abgaben pro Quadratmeter ein Betrag gezahlt werden, wenn Wohnungen seit mehr als einem halben Jahr leer bleiben: „Für jede leerstehende Wohnung in Wien werden zwei Drittel des Richtwertmietzinses pro Quadratmeter bezahlt. Das wären aktuell für eine 50 Quadratmeter Wohnung beispielsweise 2.460 Euro pro Jahr“. Dabei gäbe es natürlich Ausnahmen, wie im Falle einer Sanierung, die Anregung für eine Vermietung, soll jedoch gegeben sein: „Die Idee dahinter ist, dass Wohnungen, die über 6 Monate lang nicht vermietet oder bewohnt werden in die Abgabe fallen. Natürlich könnten Eigentümer die Abgabe in Kauf nehmen, das muss man sich dann aber wirklich leisten können. Das würde einen erheblichen Teil an Wohnungen für Menschen verfügbar machen“, so Prack. Manche Kritiker*innen finden den Preis der Abgabe zu niedrig, andere sehen darin schlicht und einfach keinen Sinn. Neben dem Ende eines spekulativen Leerstands, könnte eine einheitliche Leerstandsabgabe jedoch ein größeres Angebot an leistbarem Wohnraum sichern und zusätzlich bis zu 200.000 Arbeitsplätze schaffen. Obwohl in anderen Bundesländern der Kampf gegen Leerstand bereits in die Hand genommen wird, lehnt die Bundesregierung in Wien die Idee der Abgabe nach wie vor ab.