Die Zukunft der Arbeitswelt

Home Office, Remote Work, 4-Tage-Woche. Die Corona-Pandemie hat unsere Ansprüche und Wünsche an die Arbeitswelt komplett auf den Kopf gestellt und neu definiert. Besonders die junge Generation, die sogenannte Gen Z, erwartet sich Veränderungen. Doch wie ticken die Arbeitnehmer*innen von morgen tatsächlich? Und wo sehen sie die Schwierigkeiten des zukünftigen Arbeitsmarkts?

Lieber arbeitslos als unglücklich

Die letzten zwei Jahre haben uns deutlich vor Augen geführt, was sich schon länger unter Berufstätigen abzeichnet: Viele sind mit den Standards und Bedingungen, unserer von kapitalistischen und neoliberalen Werten geprägten Berufswelt, unzufrieden. Eine fehlende Work-Life-Balance, der Personalmangel in vielen Branchen und zu niedrige Gehälter sind dabei nur einige der zahlreichen Themen, die sowohl Arbeitnehmer*innen als auch Arbeitgeber*innen beschäftigen.

Eine Studie des internationalen Personaldienstleisters Randstad fand kürzlich heraus, dass unter den 18- bis 24-jährigen Befragten, über die Hälfte ihren Job kündigen würde, wenn dieser sie nicht erfüllt und glücklich macht. Ein entsprechendes Gehalt ist also nicht mehr der wichtigste Aspekt. Viele aus der Gen Z wären lieber arbeitslos als unglücklich im Beruf. Ihr Wertekompass hat sich im Vergleich zu den älteren Generationen neu ausgerichtet und führt unter Arbeitgeber*innen zu ungewohnten Herausforderungen. Örtliche Flexibilität und individuelle Arbeitszeiten stellen für viele einen Deal-Breaker bei der Berufswahl dar. Der Usus jeden Tag zur selben Zeit im Büro die Stunden abzusitzen, wird von jungen Arbeitnehmer*innen nicht mehr so einfach hingenommen. Kurzarbeit und die Möglichkeit auf Home-Office haben uns gezeigt, dass sich eine starre 40-Stunden-Woche kaum mit einem ausgewogenen Privat- und Sozialleben vereinbaren lässt. Auch wenn sich viele Arbeitgeber*innen wünschen, dass die Berufsnormen zu ihrem vor-pandemischem Zustand zurückkehren, sieht es aktuell eher nach dem Gegenteil aus. Die Entwicklungen, die unter der Pandemie zustande kamen, werden sich in den nächsten Jahren vermutlich noch weiter verstärken.

So sehen junge Studierende ihre zukünftige Arbeitswelt

Wie stehen junge Student*innen und Arbeitnehmer*innen aus Österreich zu diesen Veränderungen und welche persönlichen Ansprüche stellen sie an ihre zukünftigen Chefs und Unternehmen? Goschat.at hat sich bei Studierenden in Wien umgehört und sie nach ihren Wünschen gefragt.

Alina, Studentin an der TU Wien

Eigentlich sei es ihr immer wichtig gewesen, bei Jobs nicht „aufzugeben“ und die vereinbarte Zeit zu absolvieren. Doch besonders jetzt, bei ihrer aktuellen Tätigkeit, als studentische Mitarbeiterin in einem Tech-Unternehmen, merke sie, dass sie trotz guter Bezahlung und abwechslungsreichen Aufgaben an ihre Grenzen stößt und sich überlegt wieder aufzuhören. „Der Job erfüllt mich einfach nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, ein Leben lang so zu arbeiten. Generell kämpfe ich mit der Frage, wie ich einen Job finden soll, zu dem ich jeden Tag gerne hingehen möchte und für den ich bereit bin, mein gesamtes Leben zu opfern – denn ich sehe es schon so, dass ich mich für die Arbeit opfern muss.“ Ihren aktuellen Nebenjob übt Alina hauptsächlich im Home-Office aus. Damit seien auch Schwierigkeiten verbunden. Manchmal fühlte sie sich nicht ausreichend unterstützt durch ältere, erfahrenere Mitarbeiter*innen. Trotzdem kann sie sich nicht vorstellen in Zukunft einen Job anzunehmen, bei dem es nicht die Möglichkeit gibt, teilweise von zu Hause zu arbeiten.

Eine spezielle Herausforderung sieht sie in der Technik-Industrie besonders für Frauen. Sexistische Sprüche und herablassendes Verhalten von männlichen Kollegen sind immer noch nichts Ungewöhnliches. Hier gibt es dringenden Aufholbedarf in der Branche. „Ich wünsche mir auch, dass Tech-Unternehmen stärker auf die Bedürfnisse von Frauen eingehen. Mehr Verständnis für Betreuungspflichten oder garantierte bezahlte Krankheitstage bei starken Menstruationsbeschwerden, wie es aktuell in Spanien angedacht ist, gehören für mich zu den wichtigsten Überlegungen für die Zukunft.“

Antonia, Studentin am Juridicum Wien

„Das Ergebnis der Studie, laut der Befragte zwischen 18 und 24 lieber arbeitslos als unglücklich wären, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Besonders in diesem Alter, ist jede Arbeitserfahrung wertvoll und wir sollten in diesen Jahren die Zeit nutzen, verschiedene Jobs auszuprobieren.“ Allerdings hatte Antonia selbst schon Erfahrungen, etwa bei Ferialjobs, die ihr gezeigt haben, dass nicht jeder Job auf Dauer ertragbar ist. Die negativen Eindrücke haben ihr aber dafür immer verdeutlich, wie sie auf keinen Fall in ihrer Zukunft arbeiten will und ihr dadurch neue Orientierungspunkte in der Arbeitswelt geliefert. Flexible Arbeitszeiten sind auch ihr enorm wichtig. „Allein schon genetisch betrachtet, haben alle Menschen einen individuellen Schlafrhythmus. Daher sollten Unternehmen, wenn möglich, darauf eingehen und keinen fixen Arbeitsbeginn verlangen.“

Auch die Möglichkeit auf Home-Office sollte es zwar immer geben, allerdings in einem begrenzten Ausmaß. „Ich möchte die soziale Interaktion einfach nicht missen. Es ist etwas komplett anderes, ob ich zu Hause 40 Stunden in einem kleinen Zimmer sitze oder im Büro und mich mit Kolleg*innen austauschen kann.“  Hier stehen auch die jeweiligen Unternehmen in der Verantwortung, sozialen Zusammenhalt unter den Mitarbeitenden zu fördern. Gemeinsame Ausflüge, Kino-Besuche und Sport-Events werden noch immer viel zu selten genutzt, obwohl sie die besten Mittel für ein besseres Arbeitsklima bieten.

Ähnlich wie in der Technik-Branche, ist auch in der juristischen Welt Gleichberechtigung für viele ein belastendes Thema. „Ich hatte teilweise schon das Gefühl, dass mir bei meinen bisherigen Jobs zunächst weniger zugetraut wurde als meinen männlichen Kollegen. Es wirkte manchmal so, als müsste ich mich zuerst beweisen und zeigen, dass ich auch etwas kann, bevor mir wichtige Aufgaben zugeteilt wurden. Ich hoffe, dass sich hier grundlegend etwas ändert.“

Nikolaj, Student an der Medizinischen Universität in Wien

Auch Nikolaj war schon ein paar Mal in Situationen, in welchen er am liebsten etwaige Nebenjobs oder Praktika beendet hätte. Die mutmaßlichen negativen Konsequenzen, haben ihn aber bisher immer davon abgehalten, diesen Weg zu gehen. „Faktoren wie Geld oder Pflichtpraktika spielen fürs Studium eine sehr große Rolle. Grundsätzlich merke ich aber selbst, dass sich die Ansichten über die Arbeitswelt in meiner Generation, stark von jenen der älteren unterscheiden. Ich glaube, uns erwarten große Veränderungen in der Arbeitswelt“.

Für seine persönliche Zukunft im Medizinbereich, erhofft er sich neue Regelungen, die mehr Urlaubstage garantieren und eine generelle Einschränkung der Arbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche, statt der aktuell üblichen 40 Stunden.

Ariane, Publizistik-Studentin an der Universität Wien

Bei zeitlich begrenzten Arbeitsverhältnissen fällt es natürlich leichter ein paar Wochen „durchzubeißen“. Bei langfristigen Jobs ist eine Tätigkeit, die man selbst als sinnvoll und wichtig erachtet, aber das wichtigste Kriterium bei der Berufswahl. Wie die meisten Publizistik-Student*innen sieht Ariane ihre Zukunft in der Medienbranche. „Hier würde ich mir vor allem bei der Gestaltung der Praktika eine Veränderung wünschen. Oft müssen Praktikant*innen in Medienunternehmen viele unsinnige und repetitive Aufgaben abarbeiten. Ein hilfreicher Einblick in die zukünftige Arbeitswelt kommt dabei oft zu kurz.“

Auch beim Gehalt ist in Medienjobs noch reichlich Luft nach oben. Es ist kein Geheimnis, dass vor allem zum Berufseinstieg häufig sehr wenig gezahlt wird und die Arbeitstage sehr lang sind. Eine bessere Bezahlung, örtliche und zeitliche Flexibilität können hier ein bisschen Abhilfe schaffen, allgemein betrachtet gibt es aber noch viel Verbesserungsbedarf.

Was können Unternehmen tun?

Obwohl die Kritik verständlich ist, bleibt am Ende die Frage, wie die verschiedenen Branchen und in Folge einzelne Unternehmen, auf die aktuelle Stimmung eingehen können. Das Wichtigste ist und bleibt dabei: Zuhören! Nur wer regelmäßig Gespräche mit seinen Mitarbeiter*innen führt und eine gesunde Feedback-Kultur pflegt, kann ein entspanntes Arbeitsklima aufrecht erhalten. Wenn es eine gegenseitige Vertrauensbasis und die Bereitschaft zur Veränderung gibt, ist bereits ein stabiles Fundament für die Zusammenarbeit gelegt. In Zukunft werden vor allem die Unternehmer*innen einen Vorteil am Markt haben, die offen dafür sind, individuelle Kompromisse und Lösungen einzugehen. Egal ob es sich nun um die Arbeitszeit, den Arbeitsort oder den Aufgabenbereich von Arbeitnehmer*innen handelt – einzelne Wünsche und Unzufriedenheiten müssen in jedem Fall ernst genommen werden. Nur so können wir einen Schritt in Richtung einer besseren Zukunft der Arbeitswelt gehen.

Weiterführende Links:

Randstad Workmonitor 2022: https://www.randstad.com/workforce-insights/global-hr-research/randstad-workmonitor/

Beitragsbild: © „New Office“ by Phil Whitehouse CC BY 2.0