Katar wurde bereits 2010 zum WM-Gastgeber gewählt und es hagelt seitdem immer wieder Kritik. Die Vorwürfe sind eindeutig: miserable Arbeitsbedingungen für ausländische Gastarbeiter*innen, unzählige Menschenrechtsverletzungen, Ausbeutung und 15.000 Tote. Das Emirat versuchte bisher die „Kollateralschäden“ mit Reformen zu überspielen.
Viele Kritiker*innen werfen dem Emirat „Sportwashing“ vor und dass sie die Weltmeisterschaft dafür nutzen, um nach außen hin ein schillernderes und glanzvolleres Bild von sich zu projizieren. Innerhalb des Landes sieht es jedoch wesentlich schlechter aus, der Taliban kontrolliert nach wie vor große Teile des Landes, Homosexualität wird mit dem Tod bestraft, es herrscht weder Presse- noch Meinungsfreiheit und Frauenrechte sind kaum existent. Die Umsetzung der hoch angepriesenen Reformen, wie die Einführung eines Mindestlohns oder auch die Abschaffung der Ausreisegenehmigung, steht zwar auf dem Plan jedoch verläuft sie mehr als nur schleppend und ob diese Reformen jemals vollständig realisiert werden, ist noch ungewiss. Katars Schura-Rat (beratende Versammlung) legte Anfang 2021 diverse Empfehlungen vor, wie die erneute Einführung von Restriktionen der Rechte von Arbeitsmigrant*innen, den Arbeitsplatz zu wechseln oder das Land zu verlassen, welche die bisherigen Reformen massiv gefährden könnten. Abgesehen davon haben es die örtlichen Unternehmen bisher ohne großen Aufwand geschafft, die neuen Gesetze zu umgehen. Inwiefern diese Reformen von langfristiger Natur sind und ob sie auch nach der WM weiter bestehen werden, bleibt bis weiteres ungeklärt. Nach aktuellem Stand sind bereits rund 15.000 Arbeitsmigrant*innen, die meisten aus Südostasien, beim Bau der insgesamt acht Arenen gestorben. Diese Menschen leben abseits der Stadt in verwahrlosten Lagern in der Wüste und kämpfen täglich gegen extreme Arbeitsbedingungen und Hitze. Viele von ihnen warten bereits seit mehr als zwei Jahren auf ihre Löhne. Die katarische Regierung weigert sich seit Beginn der Bauarbeiten (2010) die genauen Namen und Todeszahlen preiszugeben, Autopsien durchzuführen, die Todesfälle zu untersuchen, geschweige denn die betroffenen Familien zu entschädigen.
Die NGO Amnesty International forderte am 15. März 2021 öffentlich die FIFA dazu auf, ihren internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen endlich nachzukommen. Laut den UN-Leitprinzipien für Menschenrechte und Wirtschaft muss die FIFA gewährleisten und überprüfen ob die Menschenrechte bei der Organisation und Umsetzung der Weltmeisterschaft eingehalten werden, beispielsweise mittels einer eigenen, unabhängigen und kontinuierlichen Kontrolle der WM-Projekte und -Standorte.
„Als Ausrichterin der WM ist die FIFA nach internationalen Standards dafür verantwortlich, die mit dem Turnier verbundenen Menschenrechtsrisiken zu minimieren. Die FIFA muss jetzt entschlossen handeln, um sicherzustellen, dass die Weltmeisterschaft 2022 nicht auf dem Rücken von ausgebeuteten Arbeitsmigrant*innen ausgetragen wird.“, betont Katja Müller-Fahlbusch, Fachreferentin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International Deutschland.
Amnesty International erkennt zwar die bisherigen Unternehmungen der FIFA, wie der Entwicklung von Leitprinzipien zu Menschenrechtsfragen und der in Zusammenarbeit mit Katar entstandenen Nachhaltigkeitsstrategie an. Nichtsdestotrotz liegt es weiterhin in der Verantwortung der FIFA als Organisator und Ausrichter der WM sowie den katarischen Behörden und anderen relevanten Interessenvertreter*innen für alle bisherigen Schäden der Arbeiter*innen eine gerechte Abfertigung mittels Rechtshilfe und Entgelt aufzukommen, denn ohne sie würde das Turnier nicht zu Stande kommen.
Vor allem in westlichen Ländern hagelt es auch Kritik von Seiten der Fans und Spieler*innen. Immer wieder hingen in den Stadien Banner mit den Aufschriften „Boykott Katar“, „Für Geld waschen wir alles rein“ und die WM 2022 sei „ein dem Fußball unwürdiges Turnier“. Viele Fans distanzieren sich von der Weltmeisterschaft 2022, denn für sie geht es um mehr als nur ein Spiel. Der Profitgedanke steht für die FIFA über den Menschenrechten und ignoriert somit alle Regeln der politischen und sportlichen Fairness.
Im vergangenen März 2021 kamen Spieler*innen der deutschen, norwegischen und niederländischen Nationalmannschaften mit T-Shirts, auf denen die Einhaltung der Menschenrechte verlangt wurde, zu den WM-Qualifikationsmatches. Doch je näher die Spiele kommen, desto leiser werden die kritischen Stimmen und der Beifall wieder lauter. Norwegen entschied sich gegen einen Boykott der WM in Katar. „Ein Boykott bringt nur etwas, wenn er vor Ort auch von der Bevölkerung getragen wird“, äußerte sich Sven Mollekleiv vom norwegischen Fußballverband NFF. Auch Deutschland ruderte zurück und die DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich äußerte in einem Interview für die DFB-Internetseite „Die Botschaft, die wir überwiegend vernehmen, ist: Ein Boykott bringt das Land und die Menschen im Land nicht voran“.
Es gibt insgesamt 64 Spieltage und bis dato sind hochgerechnet pro Match 243 Menschen verstorben. Die Anzahl der Opfer steigt weiterhin, weshalb Amnesty International nach wie vor an Fußballfans auf der ganzen Welt appelliert, eine Petition zu unterschreiben, in der die FIFA aufgefordert wird, die Arbeitsbedingung zu verbessern und den Gastarbeiter*innen mehr Rechte zuzuschreiben.
Hier geht es zur Petition: https://www.amnesty.de/online-aktion-katar-dfb-missbrauch-stoppen-2022-04-25
Beitragsbild: „Iran v Lebanon, 29 March 2022 (Fars) 14“ by M.Sadegh Nikgostar is licensed under CC BY 4.0.
Quellen:
https://www.deutschlandfunk.de/katar-energie-gas-kritik-100.html
https://www.dw.com/de/wm-in-katar-zwischen-boykott-und-begeisterung/a-59845036
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