Bildung darf keine Glückssache sein
Isra ist 9 Jahre alt. Geboren wurde sie in Aserbaidschan, seit drei Jahren lebt sie in Österreich. Das Alltagsdeutsch, das sich Isra angeeignet hat reicht für die Schule nicht. Während ihre österreichischen Mitschüler*innen den Leistungsdurchschnitt zügig heben, fällt Isra immer weiter zurück und schafft den Sprung aufs nächste Stockerl nicht. – Zumindest nicht alleine.
Die Situation von Isra ist ein fiktives Beispiel von Chancenungleichheit und, die in der Mehrheit von Österreichs Schulklassen anzutreffen ist. Kinder wie Isra möchte der gemeinnützige Wiener Verein für Bildungsgerechtigkeit FREI.Spiel auffangen.
FREI.Spiel für mehr Bildungsgerechtigkeit
FREI.Spiel bietet Kindern, die vor besonderen Herausforderungen stehen, sozial gerechtere Chancen auf Bildung. Gegründet wurde der Verein 2013 mit dem Ziel, die Chancengleichheit von Kindern, die vor Herausforderungen stehen, vorwiegend mit Migrationshintergrund und aus bildungsfernem Umfeld – zu verbessern. Die Zukunftschancen von Schüler*innen, die während ihrer Schulzeit nicht genügend Unterstützung erhalten, sind für ihren weiteren beruflichen Werdegang leider gering.
Bildungserbe Österreich
Bildung wird in Österreich immer noch vererbt. Zahlreiche Studien zeigen, dass Kinder aus sozial benachteiligten Verhältnissen nicht die gleiche Chance auf Bildung und beruflichen Erfolg haben wie ihre gleichaltrigen MitschülerInnen aus höheren sozioökonomischen Schichten. Für ein Kind, dessen Eltern ein Studium abgeschlossen haben, ist es 8 Mal wahrscheinlicher auch ein Studium abzuschließen als für ein Kind mit Eltern mit Pflichtschulabschluss*. FREI.Spiel versucht die Chancen von Kindern, deren Eltern einen niedrigen Schulabschluss haben, zu verbessern.
Die FREI.Spieler*innen
Damit sie auch in Zukunft beruflich bestehen und am gesellschaftlichen Leben aktiv teilnehmen können hat FREI.Spiel ein großes (ehrenamtliches) Netzwerk geschaffen, das diese Kinder unterstützt. FREI.Spiel vermittelt Freiwillige, die unter Anleitung von Padägog*innen sozial benachteiligte Kinder in Schulen und Horten unter die Arme greifen. Die erweiterte Unterstützung durch Freiwillige ermöglicht Lernförderung, fördert soziale Kompetenz und Selbstvertrauen. Das schafft gerechtere Voraussetzungen für Lern- und Berufserfolge in der Zukunft. In 26 Schulen und 30 Horten Wiens sind Freiwillige von FREI.Spiel aktiv. Mittlerweile hat FREI.Spiel mehr als 100 Freiwillige – engagierte Menschen, Frauen, Männer, Student*innen, Angestellte, Pensionist*innen. Sie gehen zumindest einen Nachmittag in der Woche für zwei bis vier Stunden in den Hort oder in die Schule, wo jene Kinder auf sie warten, die Unterstützung brauchen. Die Freiwilligen schenken den Kindern viel Aufmerksamkeit, Zeit und Zuwendung. Es entwickeln sich Beziehungen und es entstehen Freundschaften. So sollen ungleiche Startvoraussetzungen ausgeglichen werden.
Viel verlangen, wenig fördern
In einem Gespräch spricht Goschat mit Mitgründerin Dr.in Dorith Salvarani-Drill und Bildungspsychologin Mag.a Dr.in Clara Gomes-Koban von FREI.Spiel. Was Dorith Salvarani-Drill dazu bewogen hat, FREI.Spiel ins Leben zu rufen? In ihrem persönlichen Umfeld konnte sie erleben, wie Kinder mit ungünstigen Startvoraussetzungen nur durch die Hilfe einzelner engagierter Menschen auf einen positiven Lebensweg gelangen konnten. Das österreichische Schulsystem ist ohne zusätzlicher Unterstützung durch außerschulische Bezugspersonen nicht in der Lage, allen Kindern faire Bildungschancen zu ermöglichen.
Von den Kindern wird ständig hohe Leistung erwartet, aber oft nicht die geeignete Lernumgebung angeboten, damit sie den Anforderungen entsprechen können. „Die nötige Individualisierung der Lernsituation, um je nach bisherigen Lernerfahrungen und Unterstützung zu Hause die jeweiligen Bedürfnissen der Kinder zu erfüllen, fehlt jedoch“, so Bildungspsychologin Clara Gomes-Koban.
Schule als gesellschaftlicher Brennpunkt
Was Isra und noch viele andere Kinder erleben ist Benachteiligung, was sie brauchen ist Unterstützung.
Der Mehrwert unserer immer komplexer und vielfältiger werdenden Gesellschaft entsteht, wenn Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und sozialen Hintergründen zusammenkommen.
Die Schule als ein Ort der täglichen Begegnung kann einen großen Beitrag in Bezug auf die Zukunftschancen der Kinder und in Richtung mehr soziale Gerechtigkeit leisten.
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Quelle: STATISTIK AUSTRIA: STATISTICS BRIEF – Dezember 2018: VERERBUNG VON BILDUNGSCHANCEN
FREI.Spiel – Pädagogisches Konzept 2019
Foto © FREI.Spiel