Eine Milliarde für Österreichs Pflegereform
Spätestens seit Beginn der Corona Pandemie ist weitläufig bekannt, wie schlecht es um den Pflegesektor in Österreich steht. Überlastung, Personalmangel und unzureichende Bezahlung sind die häufigsten Probleme, die Pfleger*innen beklagen. Die am Donnerstag vorgestellte Pflegereform des Gesundheitsministeriums, soll nun Abhilfe schaffen.
Die Maßnahmen der Pflegereform im Überblick
Die neuen Maßnahmen beinhalten unter anderem einen monatlichen Gehaltsbonus für mindestens zwei Jahre und eine zusätzliche Erholungswoche für Pfleger*innen ab dem 43. Lebensjahr. Auch Auszubildende sollen durch die Reform eine Bezahlung von mindestens 600 Euro pro Monat erhalten. Das AMS möchte zusätzlich Wiedereinsteiger*innen und Umsteiger*innen aus anderen Berufen finanziell unterstützen.
Für Pflegefachassistent*innen soll es ebenfalls Neuerungen geben. So möchte das Gesundheitsministerium das Auslaufen der Tätigkeit in der Pflegeassistenz ab 2025 wieder aufheben und eine neue Pflegelehre anbieten, die Jugendliche zu Pflegeassistent*innen ausbildet. Zusätzlich sollen sie im Beruf neue Kompetenzen erhalten wie etwa das Geben von Spritzen oder Infusionen.
Was sagt die Regierung zu den Reformplänen?
Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) plant für das Umsetzen der Pflegereform Investitionen in der Gesamthöhe von 1 Milliarde Euro. Er bezeichnet die Neuerungen als das „größte Reformpaket der letzten Jahrzehnte für die Pflege“. ÖVP-Klubobmann August Wöginger betont zusätzlich, dass das Paket den Personalmangel von 76.000 Pfleger*innen bis 2030, abdecken soll. Im Kabinett des früheren Gesundheitsministers Rudolf Anschober (Grüne) wurde zu seiner Amtszeit der Personalmangel bis 2030 noch mit 100.000 Pfleger*innen beziffert.
Stimmen aus dem Pflegebereich
Doch was sagen Pfleger*innen und Auszubildende zum neuen Paket – reichen diese Maßnahmen oder sind sie nur der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein?
Christine* arbeitet bereits seit vielen Jahren als diplomierte Pflegerin in einem Altersheim. Sie meint zur neuen Pflegereform: „Es ist höchste Zeit bezüglich der Bedingungen im Pflegebereich etwas zu verbessern beziehungsweise zu verändern. Ich persönlich würde mich sehr über die Umsetzung aller vorgeschlagenen Maßnahmen freuen – besonders über die Reduzierung der Arbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche. Die Einführung einer Pflegelehre fördert eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen der Ausbildungsstätte und dem Praktikumsgeber. Die stationäre Pflege (im Pflegeheim) erfordert viel Liebe zu Menschen, Empathie und die Bereitschaft sich weiterzuentwickeln. Die Frage dabei ist: wie schaffen wir es, junge Menschen zu überzeugen in diese Branche einzusteigen und in ihr zu bleiben?“
Auch Auszubildende in der Pflege, machen sich Gedanken zur neuen Reform und deren Bedeutung für ihre persönliche berufliche Zukunft. Amelie* studiert Gesundheits- und Krankenpflege in Wien. Angesprochen auf die Pflegereform sagt sie: „Die Ideen der Reform finde ich an sich eigentlich gut. Den Gehaltsbonus, der vorerst auf die nächsten zwei Jahre begrenzt ist, finde ich ein bisschen zu wenig. Denn so wirkt es wie eine temporäre Lösung, die ohne ein Versprechen für die Zeit danach, nicht wirklich motivierend für Pfleger*innen ist. Natürlich wünsche ich mir eine großzügige Gehaltserhöhung für die Pflegenden. Ich selbst bin ein bisschen skeptisch, was auf mich nach meinem Studienabschluss zukommt. Wie es dann mit der Corona-Situation aussehen wird und ob ich mich im Job überlastet fühlen werde. Allerdings weiß ich auch, dass die Pflege einer der zukunftssichersten Berufe ist und ich nur die für mich passende Abteilung finden muss. Leider können sich nicht alle aussuchen, in welchem Bereich der Pflege sie arbeiten wollen und besonders für diese Personen wünsche ich mir wirklich eine Veränderung. Beispielsweise sollten in den einzelnen Teams mehr Leute eingestellt werden, damit sich die individuelle Bezugspflege verbessern kann. Die im Paket angesprochene neue Pflegelehre finde ich eine gute Idee, um mehr neues Personal zu akquirieren.“
*Namen wurden von der Redaktion geändert.
Beitragsbild: © vó by Marina Guimarães CC BY-SA 2.0