Die Aufregung ist groß als Will Smith dem Comedian Chris Rock bei den Oscars 2022 auf offener Bühne eine Ohrfeige verpasst. Ein Witz über die Krankheit seiner Ehefrau Jada Pinkett Smith soll der Grund für seinen Ausraster gewesen sein. Zeitgleich wird Oliver Pocher am Rande einer Boxveranstaltung grundlos und ohne Vorwarnung vom Rapper Fat Comedy gewatscht.
Nachdem sich Chris Rock über den Haarverlust von Jada Pinkett Smith lustig machte, stürmte Ehemann Will wutentbrannt auf die Bühne und zog voll durch. Die Ohrfeige sorgte für Entsetzen und Verwunderung. Da der Komiker die Attacke auf seine Person professionell und mit Witz löste, ging die Show aber munter weiter. Später entschuldigte sich Will Smith mit den Worten: „Liebe bringt dich dazu, verrückte Sachen zu tun.“
Trotz der Entschuldigung von Smith hagelt es nach den Oscars Kritik. Nicht zuletzt, weil der Schauspieler seine Tat mit Emotionen rechtfertigen will. Die Mehrheitsmeinung in den Medien scheint klar. Solche Emotionen seien zwar nachvollziehbar und menschlich, jedoch keine Entschuldigung für körperliche Gewalt. Zumal Smith damit ein Rollenbild verkörpere, welches im Jahr 2022 totgeglaubt sei. Der große, starke Mann, der seine Ehefrau beschützen muss. Falls nötig sogar mit seinen Fäusten. Toxische Männlichkeit, wie man heutzutage sagen würde. Und trotzdem findet der Schauspieler mit seiner Rechtfertigung Zuspruch. Denn Gewalt scheint immer noch etwas Normales in unserer Gesellschaft zu sein.
Während die Weltöffentlichkeit auf Will Smith und Chris Rock schaut, bekommt der deutsche Komiker Oliver Pocher noch am selben Wochenende eine Tracht Prügel. Die Attacke ereignete sich bei einer Boxveranstaltung in Dortmund. Dort saß Oliver Pocher mit vielen anderen Prominenten im Publikum, als ihm der bis dato unbekannte Rapper Fat Comedy aus dem Nichts eine Ohrfeige verpasste. Ein Video der Attacke wurde anschließend im Internet verbreitet. Außerdem erklärte Fat Comedy seine Tat mit purer Abneigung gegenüber dem Komiker. Auch dieser Fall von Männlichkeitsgehabe wird online vielfach geteilt und zum Teil sogar gefeiert. Es zeigt sich: Gewalt ist üblich, normal und zählt auch heute noch zur männlichen Sozialisation.
Wie kann man männliche Normen aufbrechen und Gewalt tabuisieren? Die Rolle des Mannes als Versorger und Beschützer sitzt dem Wandel von Rollenbildern bis heute im Nacken. Es scheint, als würden Männer noch immer mit Gewalt ihren Willen durchsetzen wollen. Dabei hat die Ausübung von körperlicher Gewalt an sich oft tiefergehende Gründe. Organisationen wie die Männerberatung Wien probieren die Probleme aufzugreifen und an der Wurzel zu packen. Ja, auch Männer dürfen Emotionen zeigen und verletzlich sein, so die Message. Eine Fülle an psychologischer und sozialer Hilfe sowie Fortbildungsangebote sollen’s möglich machen. Die Beratungsstelle ist damit jedoch allein auf weiter Flur und nur ein Lösungsansatz von vielen. Also werden Probleme anders verarbeitet und gelöst: auf „Männer-Art“. Die Fälle Will Smith und Fat Comedy sind nur Beispiele. Beispiele für ein gesellschaftliches Problem von großem Ausmaß.
Bildquellen
Titelbild: Robin Seiler
Bild 1: „Chris Rock, Toronto International Film Festival 2014„, by Gordon Correll, CC BY-SA-2.0
Bild 2: „Oliver Pocher auf der Premiere des Films „The Expendables 3“ im Residenz Kino am 6. August 2014 in Köln.„, by Michael Schilling, CC BY-SA-3.0
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