Modern Love Story

Seit über hundert Jahren steht der 8. März im Sinne der Gleichberechtigung der Geschlechter und der sich ändernden Rolle der Frau in der Gesellschaft. Und während der Internationale Frauentag jährlich von den einen mehr und den anderen weniger emotional zelebriert wird, stellt sich mir – zwischen Online-Prüfungen und Pesto Nudeln – eine Frage: Wer und wie ist die moderne Frau denn genau?

Wieviel finanziert sie sich selbst, was macht sie tagsüber, was macht sie nachtsüber, trägt sie noch einen BH, schreibt sie die Männer zuerst an, kann sie noch gut kochen, darf sie noch Mutter werden wollen? Muss sie sich wirklich die Achselhaare lang wachsen lassen?! Und nach vier landesweiten Lockdowns und dem dritten Durchschauen der Lieblingsserie ganz besonders: Wie verhält sich die moderne Frau in Sache Liebe?

Tinder

Vielleicht findet die moderne Frau ihr Liebesglück auf der Datingapp Tinder. Tinder ist die wohl bekannteste und meistgenützte Datingapp für junge Menschen, bei der mit einem Wisch über den Bildschirm signalisiert wird, ob Interesse am vorgeschlagenen Profil besteht oder nicht. Die Handhabung ist simpel – ein Swipe nach rechts bedeutet das Liebes-GO, ein Swipe nach links schießt das Profil aus dem Rennen. Mit Tinder assoziiere ich persönlich uncharmante Anmachsprüche und Fake-Profile, bei denen man(n) sich gerne in der Beschreibung der Körpergröße um 20 cm verschätzt – passiert schon mal! Auch sollte die gesundheitliche Komponente nicht aus den Augen verloren gehen, denn tatsächlich holte ich mir einst durch das monotone und repetitive Nach-Links-Swipen eine Gelenkmaus im rechten Daumen ein. Da ich öfter auf den UNMATCH-Button gedrückt als den Anfragen geantwortet habe und das Tinder-Angebot mehr Angstgänsehaut als Orgasmen in mir hervorruft, kann die App wohl kaum die Grande Dame der Liebesvermittlung sein. 

Bumble

Vielleicht wird die moderne Frau vom besseren Ruf der Datingplattform Bumble angelockt. Die App klingt vielversprechend und das dahinterliegende Konzept modern. Auf dieser Plattform sind es die Frauen, die die Zügel in die Hand nehmen und die Männer als erstes anschreiben. Nicht nur sind die Suchkriterien um einiges umfangreicher als bei Tinder, auch verspricht die App „Benutzer mit seriöseren Absichten“ – hier sollte es sich also definitiv besser flirten lassen! Aber Gleichberechtigung hin oder her, in diesem Leben werde ich keinen Jungen zuerst anschreiben – I am sorry. Und auch ist mir die Freude an Dating-Apps bereits gemeinsam mit der erfundenen Fluchtausrede beim letzten Tinderdate verloren gegangen. Ob die moderne Frau also auf diesem Wege zu ihrem Liebesglück finden wird?

Let’s get serious

Vielleicht fühlt sich die moderne Frau mit zwanzig Jahren bereit für eine ernste Beziehung. Das weibliche Becken ist in diesem Alter sehr wohl am fruchtbarsten – aber wenn mir, neben Omas Apfelkuchen und Kaffee, die altbekannte Frage gestellt wird, ob ich ihn denn schon kennengelernt hätte, antworte ich trotzdem immer noch gerne und selbstbewusst mit NEIN. „Oma, man lernt ihn erst mit 23 Jahren kennen. Davor lebt man sich aus.“

Schubladendenken, Bussi Baba

Wie also flirtet die moderne Frau und wonach genau sucht sie in der Liebe? Denkt die moderne Frau in alten Rollen oder feministisch – und schließt sich das überhaupt gegenseitig aus? In welche Kategorie fällt man als Frau, wenn man keines der Geschlechter besser oder schlechter findet, Respekt vor beiden hat? Wenn man Männer liebt und trotzdem auch mal Girls küsst? In welche Kategorie fällt man, wenn man sein Leben selbstfinanziert, zwei Studien gleichzeitig absolviert und jeden Tag an eine erfolgreiche Karriere hinarbeitet – und pink trotzdem für immer die Lieblingsfarbe bleiben wird?

Tausend Versionen von ihr

Der Mensch ist wie ein wuseliger Ball an unklar definierten Linien – irgendwo zwischen links und rechts in der Politik, irgendwo zwischen alternativ und konservativ in der Einstellung, irgendwo zwischen süß und Bitch im Charakter.

Aber muss denn immer alles klar definiert sein? Wenn sich alles auf dieser Welt in schwarz und weiß erklären lassen würde, wofür dann die ganze Farbpalette dazwischen; die Farben, die alles erst bunt, aufregend und intensiv machen. Es gibt unterschiedliche Meinungen, unterschiedliche Ansichten und unterschiedliche Arten, das Leben zu leben. Und niemand muss bewerten, was sich für einen anderen gut anfühlt.

Manchmal wird einem das eigene Herz gebrochen, manchmal bricht man fremde Herzen. Manchmal reicht ein einziger Kuss aus, um sich zu verlieben. Manchmal hat man beim ersten Date Sex, manchmal will man lieber warten. Manchmal treibt der Satisfyer die Stromrechnung in die Höhe. Manchmal weiß man ganz genau was man will –  und manchmal muss man erst ausprobieren. Und all das ist okay, denn es gibt weder ein richtig noch ein falsch. Es gibt nur ein „Das fühlt sich gut an“ und ein „Dann mach es“.  Wir alle sind sie, die moderne Frau. Alle auf unsere eigene Art. Wir finden heraus, was sich für uns selbst gut anfühlt – und dann tun wir genau das. Vielleicht muss, anlässlich dem Weltfrauentag am 8. März, nicht länger versucht werden, die moderne Frau mit Buchstaben zu definieren. Vielleicht ist es an der Zeit, sie einfach sein zu lassen, wie auch immer sie sein will. Und Respekt vor ihren Entscheidungen zu haben.

Beitragsbild: „Marilyn Monroe: la poeta que se convirtió en sex symbol“ by Antonio Marín Segovia is marked with CC BY-NC-ND 2.0.