Kultur

Die Oscars – veraltete Tradition?

Am 27. März versammelte sich wie jedes Jahr die Hollywood Elite im Dolby Theater, um den wohl begehrtesten Preis der Filmbranche entgegenzunehmen. Soziale Bewegungen wie „#Metoo“ oder „Black Lives Matter“ verändern aber mittlerweile die Wertigkeit von solch hochangesehenen Veranstaltungen und somit haben diese immer wieder mit Kritik zu kämpfen. Neben Glanz und Glamour sorgte demnach auch die 94. Verleihung wieder für Aufregung.

Die „Eklats“ der letzten Jahre

Kurz bevor der Schauspieler Will Smith seinen Preis für den Besten Hauptdarsteller verliehen bekam, stürmte er auf die Bühne, um dem Laudator Chris Rock eine Ohrfeige zu verpassen. Grund dafür war ein Kommentar über die krankheitsbedingte Frisur von Smiths Ehefrau. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Skandalen und Szenen, in denen Stars die Oscars als Bühne für Selbstinszenierung nutzten. Marlon Brando beispielsweise schickte 1973 die Apachen-Bürgerrechtlerin Sacheen Littlefeather auf die Bühne, um seinen Preis abzulehnen und auf Hollywoods Diskriminierung gegenüber amerikanischen Ureinwohner*innen aufmerksam zu machen. Im Jahr 1940 wurde erstmals ein Oscar an eine afroamerikanische Schauspielerin (Hattie McDaniel) verliehen. Trotz ihrer Auszeichnung war es ihr nicht gestattet, mit den anderen Nominierten im selben Saal zu sitzen und sie erhielt einen Platz in einem abgetrennten Bereich. Adrien Brody gewann 2003 den Oscar als Bester Hauptdarsteller und nutzte die Bühne, um Kollegin Halle Berry ungefragt und stürmisch zu küssen. Ebenso sorgte Angelina Jolie im Jahr 2000 für Schlagzeilen als sie am roten Teppich ihren Bruder etwas zu leidenschaftlich auf den Mund küsste. Die 91. Preisverleihung war die erste Verleihung, welche ganz ohne Moderation stattfand, da der Comedian Kevin Hart aufgrund homophober Tweets mehr oder weniger von der Öffentlichkeit genötigt wurde, den Job abzugeben. Nach außen hin wirkt die Academy wie ein unantastbarer und elitärer Club, der es Durchschnittsbürger*innen fast unmöglich macht aufgenommen oder akzeptiert zu werden. Sie geben den Ton an, während sie gleichzeitig versäumen den aktuellen Zeitgeist einzufangen.

Es hagelt Kritik

Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences wird von bösen Zungen gerne als konservativ, toxisch-männlich oder veraltet bezeichnet und man kann es ihnen auch nicht verübeln. In den über 20 Kategorien gibt es immer wieder einen klaren Gewinner: den weißen Cis-Mann. Was wohl daran liegt, dass der Anteil der weißen Cis-Männer im Alter über 60 Jahren in der Academy äußerst hoch liegt. Auch die Verlier*innen waren bis dato sehr eindeutig: Frauen, People of Color oder Queere Darsteller*innen. Dass die Academy konservativ und prüde ist, stellte sie in den vergangenen Jahren immer wieder unter Beweis. Die Liebesgeschichte zwischen zwei Männern im Film „Brokeback Mountain“ galt zwar inoffiziell bereits als Bester Film, erhielt jedoch nicht den Preis, was wiederum als Zeichen der verdeckten Homophobie der Academy gewertet wurde. Die sozial erwünschten und „braven“ Filme werden Jahr für Jahr belohnt, während Filme von weiblichen Regisseurinnen gnadenlos ignoriert werden. Stattdessen gewinnen Männer, wie Roman Polanski, welcher seit 1977 nicht mehr in die USA einreisen darf, aufgrund eines Prozesses wegen Vergewaltigung einer 13-Jährigen und seiner Flucht. Zwischen der ersten Nominierung einer weiblichen Regisseurin im Jahr 1994 (Jane Campion) und dem tatsächlichen Sieg einer Frau in der Kategorie Beste Regie im Jahr 2010 (Kathryn Bigelow) liegen unfassbare 16 Jahre. Bis heute haben nur drei Frauen in dieser Kategorie einen Oscar erhalten. Halle Berry gewann als erste schwarze Frau überhaupt den Academy Award für die Beste Hauptdarstellerin im Jahr 2002. Dies war bereits die 74. Verleihung und noch nie zuvor wurde eine Frau, welche einen Großteil der Weltbevölkerung repräsentiert, dafür ausgezeichnet. Auch im Jahr 2016 mangelte es so massiv an Diversität bei den Nominierungen, dass auf Twitter der Hashtag #oscarsowhite zum Spitzenreiter in den Trends wurde. Ob die Besetzung des schwarzen Comedians Chris Rock in genau diesem Jahr Zufall oder gut überlegte Strategie war liegt wohl im Auge des Betrachters.

Ein Schritt in die richtige Richtung?

Die „#MeToo“ und „Black Lives Matter“-Bewegungen zeigten, dass es auch für Prestige- Veranstaltungen wie die Oscars Zeit ist etwas zu ändern, um ihren Status rechtfertigen zu können. So gewann im Jahr 2020 der afroamerikanische Indie-Film „Moonlight“ in der Kategorie Best Picture gegen das Musical „La La Land“ mit einer komplett weißen Besetzung. In diesem Jahr wurde erstmals ein Publikumspreis verliehen und die Fans erhielten die Chance selbst abzustimmen. Als Publikumsliebling entpuppte sich Zack Synders Zombiekomödie „Army of the Dead“. Ebenfalls eine Prämiere war der Sieg des Films „Coda“, mit einer mehrheitlich tauben Darsteller*innenbesetzung in den Kategorien Bester Film und Bester Nebendarsteller. Ariana DeBose gewann dieses Jahr den Preis der Besten Nebenrolle für „West Side Story“ und ist damit die erste offen queere Afro-Latina überhaupt, die einen Academy Award erhielt. Die Nominierungen und Siege für People of Color, Mitglieder der LGBTQIA+ Bewegung und Filme mit gleichgeschlechtlichen und geschlechterspezifischen Themen wie „Call me by your Name“ und „A Fantastic Woman“ häufen sich immer mehr. Nun stellt sich aber die Frage ob sich die Academy aus Überzeugung oder aufgrund von Trends und sozialem Druck mehr auf die Integration aller Ethnien und Geschlechter fokussiert.

Beitragsbild: „Academy Award Sugar Cookies“ by camknows is marked with CC BY-NC-SA 2.0.

Quellen:

https://www.vox.com/2018/3/5/17079702/2018-oscars-me-too-times-up-frances-mcdormand-jimmy-kimmel

https://www.voanews.com/a/me-too-black-lives-matter-movements-reflected-in-oscars-2018/4277855.html

https://www.desired.de/stars/bilderstrecke/oscars-skandale/

https://www.diepresse.com/4931955/die-groessten-fehlentscheidungen-bei-den-oscars

Melissa Mares

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Melissa Mares

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