Politik

Geld für alle! Das bedingungslose Grundeinkommen und die Corona-Krise

In Tagen der Krise kursieren zahlreiche Petitionen und Forderungen zum bedingungslosen Grundeinkommen. Es wäre eine Möglichkeit, alle Bürgerinnen und Bürger in Würde durch schwierige Zeiten zu bringen. Aber wie kann man sich das vorstellen?

Alle kriegen Geld geschenkt

Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist ein Modell, das allen Staatsangehörigen einen festgelegten Geldbeitrag zusichert. Dieser Beitrag ist für alle gleich hoch, zum Beispiel 1.200 Euro, und wird monatlich vom Staat ausbezahlt. Es handelt sich dabei nicht um eine bürokratische Sozialleistung, sondern um ein verfassungsmäßiges Grundrecht.

Ist das nicht unbezahlbar?

Im Gegenteil: Der niederländische Autor Rutger Bregman ist überzeugt, dass in Zukunft kein Land sich leisten kann, das BGE nicht einzuführen. Denn es ist günstiger Armut auszulöschen, als die Folgen der Armut zu bekämpfen. Für die Finanzierung des BGE gibt es verschiedene Modelle. Ein Beispiel ist die Finanztransaktionssteuer (Mikrosteuer). Dabei werden Finanzspekulationen und Börsenhandel besteuert. Das Geld wird also dort angezapft, wo es sich ohne Arbeit vermehrt. Die Reichsten handeln und spekulieren mit mehr Vermögen, als ein ganzes Land zusammen erwirtschaftet. In der Schweiz beispielsweise sind die Summen, die bei Banken- und Hochfrequenzhandel bewegt werden, 300-mal so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt. Hier schlug der Soziologe, Volks- und Betriebswirtschaftler Oswald Sigg eine Belastung von 0,05 % auf diesen Zahlungsverkehr vor. Das BGE wäre damit für alle Schweizer finanziert.

Wer geht dann noch arbeiten?

Der Mensch ist von Natur aus nicht faul, erst eine sinnhafte Tätigkeit erfüllt ihn mit Glück. Dazu kommt, dass jeder Euro, der zusätzlich zum BGE in einer Erwerbstätigkeit verdient wird, ohne Auflagen in die eigene Tasche wandert. Das ist motivierender als staatliche Leistungen, die Menschen in der Armut festhalten und faules Verhalten fördern. Das wohl größte Experiment zum Grundeinkommen wurde 1974 über vier Jahre in Dauphin (Kanada) durchgeführt und lieferte erstaunliche Ergebnisse: Ausbildungen wurden schneller und erfolgreicher abgeschlossen. 99 von 100 Leuten gingen weiterhin arbeiten. Häusliche Gewalt und psychische Probleme nahmen ab. Die Krankenhausaufenthalte gingen beachtlich zurück. Das zusätzliche Geld wurde investiert und stärkte die umliegende Wirtschaft. Weitere Versuche mit ähnlichen Ergebnissen gab es bereits in mehreren Ländern, darunter USA, Finnland, Schweiz und Namibia. Bei keinem Versuch haben die Menschen aufgehört zu arbeiten.

Ein neues Zeitalter

Natürlich gibt es Kritik und unbekannte Variablen, die noch unerforscht sind. Das BGE könne beispielsweise nur mit Schwierigkeiten von einem einzelnen Land eingeführt werden. Besser wäre die Einführung eines europaweiten Grundeinkommens. Manche Experten sehen im BGE einen notwendigen Ausgleich zu der bevorstehenden Massenarbeitslosigkeit durch die zunehmende Robotisierung und Automatisierung. Die schrumpfende Zahl der Erwerbstätigen könne mit dem aktuellen Sozialsystem die zunehmende Zahl der Arbeitslosen nicht mehr finanzieren. Das BGE könnte den Menschen eine Existenzgrundlage sichern und somit die Wirtschaft aufrechterhalten. Zukunftsforscher, die sich intensiv mit der digitalen Revolution und dem Arbeitsmarkt der Zukunft beschäftigen, sprechen nicht davon „ob“ man es einführen sollte, sondern „wann“. Zahlreiche Stimmen fordern jetzt ein Not-Grundeinkommen für die Corona-Krise, andere fordern ein permanentes. Fest steht: das Potenzial ist enorm.

Dominik Pazeller

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