12-Stunden-Tag: akzeptieren oder Job riskieren

Das Thema rund um den 12-Stunden-Tag beschäftigt die österreichische Bevölkerung und Politik bereits seit mehreren Wochen. In dem Juristen-Dschungel verliert man als „Normalo“ schnell mal den Überblick. Wir fassen zusammen, wie es um den 12-Stunden-Tag steht, was er genau bedeutet und welche Folgen er mit sich bringt.

20 Arbeitsstunden mehr pro Woche

Die sogenannte „Normalarbeitszeit“ beträgt 8 Stunden pro Tag. Wenn man dann 5 Tage die Woche arbeitet, ergibt das eine Normalarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche.
Hin und wieder kommt es dann jedoch vor, dass man als Angestellter länger in der Arbeit bleiben muss. Also sogenannte „Überstunden“ macht. Um Angestellte zu schützen, schreibt das Gesetz eine Höchstgrenze von Arbeitsstunden vor. Diese war auf 10 Stunden pro Tag bzw. 50 Stunden in der Woche festgesetzt. Diese Höchstgrenze wurde jetzt auf 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche angehoben.

„Heute bleibst du 12 Stunden“

Das Hauptproblem des 12-Stunden-Tages ist, dass Arbeitnehmer keine Wahl haben. Wenn dein Chef also will, dass du 12 Stunden bleibst – dann musst du. Denn der 12-Stunden Tag ist legal. Wenn dir das als Arbeitnehmer nicht passt, kannst du aufgrund von Arbeitsverweigerung deinen Job verlieren.

„Mit jeder Ablehnung riskieren die Menschen ihren Arbeitsplatz! Das hat mit Freiwilligkeit nichts zu tun!“, so Renate Anderl von der Arbeiterkammer.

Auch SPÖ-Chef Kern steht dem 12-Stunden-Tag äußerst kritisch gegenüber. Er ist der Meinung, dass der neue Gesetzesentwurf für circa 3 Millionen Arbeiter nur Nachteile bringe.

Ablehnungsgründe für die 12. Arbeitsstunde

Nach (noch!) derzeitigem Recht, muss der Arbeitergeber begründen, warum die 11. bzw 12. Arbeitsstunde notwendig ist. Mit der Einführung des 12-Stunden-Tages muss er dieser Pflicht nicht mehr nachkommen.
Was passiert aber, wenn der Angestellte nicht so lange in der Arbeit bleiben kann? Ja, als Arbeitnehmer hat man das Recht die 11. bzw. 12. Arbeitsstunde abzulehnen. Aber nur aus einem triftigen Grund. In der Fachsprache spricht man von „überwiegenden persönlichen Interessen“. Welche das genau sind, ist in dem Gesetzesentwurf des 12-Stunden-Tages noch nicht ausformuliert. So ist es möglich, dass selbst das eigene Kind vom Kindergarten abzuholen, keinen triftigen Grund darstellt.

Die Leittragenden – Beispiele

1. Gleitzeitarbeiter: Gleitzeit bedeutet, dass der Arbeitnehmer innerhalb bestimmter Grenzen Beginn und Ende seines Arbeitstages selbst bestimmen kann.
Für Gleitzeitarbeiter war die 9. und 10. Arbeitsstunde am Tag also keine Überstunde, sondern eben eine Gleitstunde. Die 11. Und 12. Arbeitsstunde wurde wie eine normale Überstunde mit einem Zuschlag von 50% ausbezahlt. Mit dem neuen Gesetzesentwurf geht dieser Zuschlag verloren. Die 11. und 12. Stunde werden ebenfalls zu Gleitstunden.

2. Jungfamilien: Eine alleinerziehende Kauffrau mit zwei Kindern arbeitet im Regelfall von 08:00 Uhr bis 16:30 Uhr. Wenn sie aber nun 12 Stunden pro Tag arbeiten muss, würde sie erst um 20:30 das Büro verlassen. Bis sie zu Hause angekommen ist, ist es mind. 21 Uhr. Zeit für ihre Kinder hat sie keine.

3. Pendler: Ein Tourismusangestellter pendelt von Wien nach Niederösterreich. Sein Arbeitstag endet um 22 Uhr. Mit dem neuen Gesetz wird die Nachtruhe um ganze 3 Stunden verkürzt (von 11 auf 8 Stunden). Das bedeutet, dass er bereits am nächsten Tag um 06:00 Uhr Früh Dienstbeginn haben könnte.
Bis er jedoch zu Hause ist und geduscht hat, vergehen ungefähr 1,5 Stunden. Am Morgen benötigt er wieder etwa 1,5 Stunden für Anfahrt und Frühstück. Das ergeben dann schlappe 5 Stunden Schlaf für den Arbeiter.