Nicaragua: Das Sterben geht weiter

Immer mehr Opfer

Die Zahl der Todesopfer steigt fast täglich an. In dem seit rund zwei Monaten andauernden Konflikt zwischen Regierung und Zivilbevölkerung seien bisher fast 300 Menschen getötet und ca. 1500 verletzt worden. Mehr als 150 werden vermisst. Dies teilte die Menschenrechtsvereinigung des lateinamerikanischen Landes (ANPDH) am Dienstag (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz mit. Die meisten der Opfer seien bei Protesten erschossen worden.

„Alle sind auf der Straße, alle sind betroffen.“

Studenten waren die ersten, die auf die Straße gingen – mittlerweile beteiligt sich die ganze Gesellschaft an den Protesten. Die Demonstranten fordern den Rücktritt des Langzeitpräsidenten Ortega und dessen Frau und Vizepräsidentin Rosario Murillo. Ihnen wird Machtmissbrauch, an Gruppeninteressen orientierte Politik und ein diktatorischer Regierungsstil vorgeworfen.

Menschenrechts-Aktivisten suchen nun Unterstützung bei der internationalen Gemeinschaft. Studentin Madelaine Caracas und die Soziologie-Dozentin Yerling Aguilar sind diese Woche in Österreich – sie hoffen auf Hilfe des EU-Ratsvorsitzes.

„Ortega muss gehen, er hat keine andere Wahl. Ob reich oder arm, alle sind auf der Straße, alle sind betroffen.“

sagte Caracas in einem Interview mit der APA.

Eine Informationskampagne führt die beiden Menschenrechts-Aktivistinnen in diesem Monat durch die EU. Sie wollen auf die Lage aufmerksam machen und einen Gegenpol zu den Nachrichten bilden, die von der Regierung verbreitet werden.

Pensionsreform als Auslöser

Nicaragua ist das zweitärmste Land Lateinamerikas, der Mindestlohn liegt lediglich bei 170 US-Dollar pro Monat. Deswegen wollte sich die Nicaraguanische Bevölkerung die neue Sozialreform des Präsidenten Daniel Ortegas auch nicht gefallen lassen. Die Proteste richteten sich gegen eine enorme Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge und Rentenkürzungen. Die Reform wurde zwar verhindert, das Volk fordert jedoch auch den Rücktritt Ortegas.

Bei den Protesten gegen die Reform wurden im April mindestens 26 Menschen getötet und Dutzende verletzt. Zudem wurden zahlreiche Geschäfte zerstört und geplündert. Regierungsnahe Schlägertrupps griffen an der Seite der Polizei immer wieder Demonstranten an. Die Regierung hingegen machte „kriminelle rechte Gruppen“ für die Gewalt verantwortlich.

 

Bildnachweis:Protestas en Managua, Nicaragua de 2018 von Voice of AmericaPublic Domain Mark 1.0
Justice and Democracy for Nicaragua von Alisdare Hickson, CC BY-SA 2.0