Die Angst vor dem Krieg

Der Krieg in der Ukraine beschäftigt derzeit die ganze Welt. Auch wenn es bisher keine Anzeichen einer akuten Bedrohung Österreichs gibt, verunsichert die unübersichtliche Lage viele Menschen. Psychische Belastung oder Ängste können die Folgen sein. Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. Wolfgang Gombas gibt Ratschläge, wie man mit Befürchtungen rund um den Krieg umgehen kann.

Informationsüberflutung

Tagtäglich prasseln neue Informationen über den Krieg in der Ukraine auf uns ein. Hier ein Video von Bombardierungen, da ein Beitrag über die russische Einnahme Tschernobyls. Eine dramatische Headline folgt der anderen. Viele fühlen sich vom Überfluss an negativen Informationen überfordert. Auch Richtiges von Falschem zu trennen ist dabei gar nicht so einfach.

Vor 50 Jahren war der Nachrichtenkonsum noch auf wenige einzelne Sender beschränkt. Konsument:innen hatten somit keine Wahl, woher sie ihre Informationen über neueste Geschehnisse beziehen. Mittlerweile gibt es hingegen eine Vielzahl an verschiedenen Medienkanälen. So kann man heute über das Internet immer und überall auf unzählige Artikel, Videos oder ähnliches zugreifen.

Dr. Wolfgang Gombas zufolge, glauben viele Menschen, sich sicherer zu fühlen, je mehr sie über ein Thema wissen. Doch diese Logik funktioniert so nicht. Bei der Fülle an Informationen ist es schwierig die Übersicht zu behalten und tatsächlich Informationen zu bekommen, die beruhigen. So scheint der übermäßige Medienkonsum zum Thema Ukraine Krieg, ganz im Gegenteil, eher zu beunruhigen und Ängste zu schüren.

Um sich dem Informationsüberfluss entgegenzusetzen ist es laut Dr. Gombas ratsam sich selektiver mit Medien und Nachrichten auseinanderzusetzen. Die Schnelligkeit, mit der Informationen auf uns zukommen tut den wenigsten Menschen gut. Das tägliche oder sogar stündliche Verfolgen der neuesten Kriegsgeschehnisse führt zu Verunsicherung und kann Ängste bestärken. Dr. Gombas schlägt vor: „Man muss zwischendurch mal abschalten“.

Ängste kommen nicht von irgendwo

Ängste und Befürchtungen, die durch den Krieg auftreten, sind laut Dr. Gombas keine hintergrundlosen Erscheinungen. Oftmals gibt es aus der eigenen Biographie bereits tiefer liegende Ängste. Diese können auch über Generationen hinweg weitergegeben werden.

Häufig gibt es in der Familie Personen, die bereits Kriege erlebt haben oder in der Nachkriegszeit aufgewachsen sind. Bei jenen reaktivieren sich dann frühere Befürchtungen. Dabei ist die reale Bedrohung oft gar nicht so groß, wie die Ängste.

Konkrete Tipps

Um sich seinen Ängsten zu stellen, gibt es verschiedene Maßnahmen. Ratsam ist es, sich jemanden zu suchen, mit dem man über die eigenen Befürchtungen sprechen kann. Vor allem die Psychotherapie ist dafür gut geeignet. Aber auch mit Freunden oder der Familie zu reden, kann helfen.

Weiters sollte man laut Dr. Gombas auch Psychohygiene betreiben. Damit ist gemeint, auf seinen Schlaf zu achten, sich zu bewegen, an die frische Luft zu kommen, aber auch sich anderen mitzuteilen. Um ein Gefühl für die Realität zu bekommen, kann es auch helfen verschiedene Gegenstände anzugreifen. Indem man z.B. einen Baum oder eine Pflanze berührt, oder sogar unter der Erde gräbt, ist es möglich sich zu erden.

Die derzeitige Lage in der Ukraine mag zur Verzweiflung anregen. Dennoch ist es nie zu spät sich seinen Ängsten zu stellen. So ist es möglich auch in finsteren Zeiten das Positive zu sehen.

Dr. Wolfgang Gombas ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, Systemischer Psychotherapeut und Präsident der Vereinigung Österreichischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (VÖPP).

Homepage: http://www.dr-gombas.at/

VÖPP: https://www.voepp.at/