Corona in der Gruft
Die Corona Krise ist für uns alle eine Herausforderung. Trotz der Annehmlichkeiten unserer Wohnungen und Häuser kämpfen viele mit der derzeitigen Situation. Doch ein sicherer Schlafplatz und jeden Tag Essen auf den Tisch ist leider keinesfalls für jeden eine Selbstverständlichkeit. Allein in Wien durchleben hunderte Obdachlose diese schwierige Zeit ohne ein richtiges zu Hause.
Zwischen Zuflucht und Herausforderungen
Viele Hilfsorganisationen bemühen sich nicht nur jetzt sondern 365 Tage im Jahr, genau diesen Menschen zu helfen. Eine davon ist die Caritas, die mit unzähligen Angeboten und Einrichtungen versucht, Menschen auf der Straße einen Zufluchtsort zu geben. Die wohl bekannteste dieser Einrichtungen ist seit über die 30 Jahren die „Gruft“ in Wien. Das ganze Jahr hindurch und rund um die Uhr erhalten Betroffene dort ein warmes Essen, einen Platz zum Schlafen, saubere Kleidung und die Möglichkeit zu duschen.
Mitte März traf sie die Corona Krise dann genauso unerwartet wie auch uns, und stellte das Team der Gruft (welches aus SozialarbeiterInnen, BetreuerInnen, PsychiaterInnen, PsychotherapeutInnen und Zivildienstleistenden besteht) vor viele neue Herausforderungen. „Wir haben täglich um die 120 Besucherinnen und Besucher, die sich tagsüber in der Gruft aufhalten, zu Essenszeiten noch mehr. In der Notschlafstelle haben wir 60 Betten. Unser erster Schritt war damals festzustellen, wie wir die Maßnahmen der Regierung umsetzen werden und wie sich diese auf unsere Arbeit auswirken“, so Martin Haiderer, Leiter des Fachbereichs Obdach und Wohnen der Caritas Wien.
Strenge Richtlinien garantieren Sicherheit
Zuerst wurden innerhalb der Tages- und Schlafstätten Bereiche geschaffen, in denen sich immer die gleichen Personen (wenn es sich um regelmäßige NutzerInnen handelt) aufhalten sollten, um mögliche Ansteckungsketten leichter nachvollziehen zu können. Außerdem war das anonyme in Anspruch nehmen der Angebote der Gruft nicht mehr möglich, Personalien mussten am Eingang angegeben werden, um Krankheitsverläufe schneller isolieren und verfolgen zu können.
Auch die Hygienemaßnahmen in den Einrichtungen wurden verstärkt. Häufigere Putzkolonnen mit stärkeren Mitteln sowie die Vergabe von Desinfektionssprays und Masken an die NutzerInnen wie auch die MitarbeiterInnen sollen die Sicherheit aller Beteiligten gewährleisten.
Unwissenheit bei den NutzerInnen
Die Maßnahmen wurden nicht von allen Betroffenen gut aufgenommen. „Was auffällt ist ein enormer Informationsmangel. Viele unserer Besucher wussten zu Beginn noch gar nichts über Covid-19, sie fühlten sich durch die Eingriffe wie die Maskenpflicht und das Abstandhalten sehr eingeschränkt. Wir versuchten von Anfang an die Nutzer aufzuklären und die Maßnahmen zu begründen. Seitdem werden die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen auch von fast allen problemlos eingehalten. Vor allem psychisch kranke Besucher hatten damit anfangs Probleme“, so Haiderer.
„Bei unseren Einrichtungen wie auch bei unseren Beratungsstellen wurden die Öffnungszeiten ausgeweitet„
Martin Haiderer, Leiter des Fachbereichs Obdach und Wohnen der Caritas
Andere Organisationen entschieden zu Beginn der Pandemie, ihre Angebote zu limitieren, aus Sicherheitsgründen. Die Gruft versucht dieses Problem anders zu lösen, war aber aufgrund der verminderten Angebote mit sehr hoher Nachfrage konfrontiert. „Wir haben gemäß den Bestimmungen den Andrang kanalisiert, bereits im Vorfeld wurde abgeklärt wer andere Nächtigungsmöglichkeit hat, um eine Überlastung zu vermeiden. Bei unserer Notschlafstelle konnte der notwendige Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden, es wurde in Kooperation mit der Gemeinde Wien eine zweite Stelle in Meidling eingerichtet. Der Standort in Meidling ist von der ÖBB gestellt und auch erst einmal bis Ende August gesichert.
Glücklicherweise hat die schnelle und strikte Umsetzung der Maßnahmen gefruchtet: bis dato gab es in der Gruft noch keine positiv getestete Person, weder unter den MitarbeiterInnen noch unter den NutzerInnen.