Hunde, die Brillen tragen – medizinische Notwendigkeit oder Modefaktor?

Mittlerweile sind Hunde in Taschen, glitzernden Halsbänder oder komplette Outfits mit Mützen und Jacken keine Seltenheit mehr in der Hundewelt. Hundeeltern wollen nur das Beste für ihre vierbeinigen Freunde und gut darf es nebenbei ruhig auch aussehen. Hundebrillen gehören jedoch nicht zu den modischen Accessoires, auch, wenn sie ein echter Hingucker sein können.

Die gängigsten Augenkrankheiten

So sehr sie in ihrer Form und Farbe variieren, so sehr variieren auch die Gründe für das Augenglas selbst. Hundebrillen erfüllen einen sehr ähnlichen Zweck, wie die Sonnenbrillen beim Menschen. Neben der Abdunkelung, die sich je nach eingebautem Glas unterscheidet, schützt sie die Augen hauptsächlich vor UV Strahlen, Staub oder Zugluft. Wenn sie mittlerweile oft auch zum Schutz beim Autofahren mit offenem Fenster oder beim Wandern gebraucht wird, ist der häufigste Grund medizinischer Natur.
Note: Da Augenkrankheiten beim Hund sehr graphisch aussehen können wurde auf Bilder verzichtet.

Schäferhund-Keratitis

Bei einer kleinen Umfrage unter Hundeeltern, deren Vierbeiner Brillen tragen, kam heraus, dass die meisten Hunde an der „Keratitis superficialis chronica“, besser bekannt unter „Schäferhund-Keratitis“ leiden. Wie der Name schon sagt sind hauptsächlich Schäferhunde und Mischlinge dieser Rasse betroffen. Bei dieser Krankheit ist die Hornhaut, die normalerweise klar und durchsichtig sein sollte, entzündet. Mit der Zeit wachsen Blutgefäße und ein dunkles Pigment ein, bleibt das Hundeauge unbehandelt kommt es so irgendwann zur endgültigen Erblindung. Die Schäferhund-Keratitis ist eine Autoimmunerkrankung und daher nicht heilbar. Durch eine dauerhafte medikamentöse Behandlung kann man sie jedoch eindämmen. UV-Strahlen verschlimmern das Wachstum der Blutgefäße, daher tragen viele dieser Hunde eine Brille um die Augen vor der Sonne zu schützen.
(Quelle: www.tierklinik-hofheim.de)

Spontaner chronischer cornealer Epitheldefekt

Für diese Augenkrankheit gibt es aufgrund ihres langen Namens eine Abkürzung: „SCCED“. Obwohl Tierärzte bei diesem Defekt nicht automatisch zu einer Brille raten, da die Behandlungsmöglichkeiten andere sind, gibt es doch einige Hundebesitzer/innen, die zum zusätzlichen Schutz greifen.

Der Defekt betrifft ebenfalls die Hornhaut, genauer gesagt die oberflächlichste Schicht (es gibt insgesamt fünf) – diese wird Epithel genannt. Wie genau der Defekt entsteht ist nicht geklärt. Häufig tritt er bei Hunden ab sechs Jahren auf, daher vermutet man, dass er von altersbedingten Umbauvorgängen in der Hornhaut verursacht wird.

Ist der Hund erkrankt, hat er immer wieder Verletzungen in der Hornhaut, für die sich keine äußerlichen Erklärungen finden lassen. Da Medikamente in der Vergangenheit nur selten zur Heilung geführt haben, wird bei der Behandlung der defekte Teil der Hornhaut operativ entfernt.

Die Hundebrille kann das Auge nach der Operation vor Umwelteinflüssen schützen, da es sehr empfindlich ist und nicht gekratzt werden darf. Karin G., deren Hündin an dem Defekt litt und mittlerweile erblindet ist, erklärt, dass die Augen ihrer vierbeinigen Freundin die UV Strahlen seitdem nicht mehr so vertragen und sie deshalb zur Hundebrille gegriffen hat.
(Quelle: www.anicura.de)

Konjunctivitis follicularis

Die Konjunktivitis Follikularis, oder auch Follikulose genannt, tritt nur bei jungen Hunden auf und ist im Großteil der Fälle nicht übermäßig besorgniserregend. Bei dieser Erkrankung reagiert das, noch nicht ausgereifte, Immunsystem im Auge zu stark, da es ständig, durch zum Beispiel Pollen, Staub, Wasser, etc. gereizt wird.

Die Lymphfollikel vergrößern sich und es entstehen kleine Bläschen auf er Bindehaut. Da das den Hund stört kann es sein, dass er die Augen zusammenkneift, übermäßig kratzt oder stark tränt.
(Quelle: www.tierklinik-trillig.de)

Auch hier ist die Hundebrille keine gängige Behandlungsmethode. Einige Hundebesitzer/innen berichten allerdings von einer stärkeren Lichtempfindlichkeit ihrer Hunde. Gerade Vierbeiner, die schlimmer betroffen sind profitieren von den abgedunkelten Scheiben und dem zusätzlichen Schutz vor Reizungen.

Gründe – so individuell, wie die Hunde selbst

Bei der kleinen Umfrage unter Hundebesitzer/innen, warum ihre Fellnasen Brillen tragen, waren nicht nur Krankheiten unter den Antworten.
Rebecca S. Hündin Rosé trägt die Brille, da sie sehr klein ist und sie im hohen Gras so besser vor Verletzungen geschützt ist. Außerdem hat sie aufgrund einer Pollenallergie sehr empfindliche Augen und neigt zu Bindehautentzündungen.

Rosa V.s Hund Paul ist aufgrund Veränderungen auf der Netzhaut extrem UV-Licht und Staubempfindlich. Die Gläser schützen seine Augen und dank der dunklen Scheiben blendet ihn die Sonne nicht.

Nadine S. Hunde-Opa trug seine Brille aufgrund von grauem Star. Da er zu alt für eine Operation war bekam auch er eine Hundebrille. „Die dunklen, spiegelnden Gläser halfen gegen die hohe Blendempfindlichkeit. Und die Brille diente generell dem Schutz der Augen, weil er mit schwindendem Augenlicht immer öfter auch in Büsche rein bzw. zu dicht daran entlang gelaufen ist.“, so Nadine S.

Für die meisten Brillenmodelle gibt es eine Vielzahl an austauschbaren Scheiben.
Auch die Fassung gibt es in verschiedenen Ausführungen und Farben zu kaufen.

Style darf sein!

Wie es mittlerweile in der Hundewelt schon üblich ist, gibt es auch Hundebrillen in den verschiedensten Farben, Formen, Größen und Ausführungen. Unter anderem gibt es, wie bei den Sonnenbrillen für den Mensch, viele verschiedene Scheiben. Jede davon hat eine andere Lichtdurchlässigkeit und je nach Anbieter einen anderen UV-Schutz.

Wie notwendig ist es jedoch dem Hund eine verspiegelte Scheibe aufzusetzen, wenn es auch durchsichtige Scheiben gibt, die den gleichen UV-Schutz haben? Hundehalter/innen von Hunden mit Brillen erklären, dass es für viele Hunde bei hellem Wetter sehr wohl angenehmer mit den verspiegelten oder dunkleren Gläsern ist.
Saskia K. erzählt über ihren Hund Capper:“Er mag die klaren Gläser gar nicht, am liebsten hat er die grünen oder die ganz dunklen verspiegelten. […] Wenn ich helle Gläser in die Brille mache möchte er sie ausziehen, bei dunklen schlüpft er selber rein und der „Rot-Ton“ der grünen Gläser scheint ihm am angenehmsten zu sein.
Jonny, der Hund von Petra L., hingegen trägt immer die klaren Scheiben, da er keine Anzeichen von Lichtempfindlichkeit hat.

Natürlich spielt der modische Faktor auch eine große Rolle. Die Facebook-Userin „Ca Thi“ berichtet auf die Frage, warum ihr Hund eine farbige Brille trägt, von ihren Erfahrungen folgendermaßen: „Weil`s einfach cooler ausschaut und weil die dümmsten aller Menschen bei der klaren Scheibe noch weniger Verständnis haben und man Kommentare hört, wie „Das bringt doch gar nichts“, und man ihnen nicht begreiflich machen kann, dass auch eine klare Scheibe vollen UV Schutz bietet, also lieber die farbige Scheibe.

So verändern die verschiedenen Scheiben die Sicht für den Hund

Ohne Brille
Mit blauer, verspiegelter Brille
Mit abgedunkelter Scheibe

Reaktionen auf der Straße und im Netz

Egal, ob „Handtaschenhunde“, Hunde mit Schuhen, Glitzerhalsbänder, Hundepullover oder Hunde, die verkleidet werden, die Reaktionen der Menschen auf der Straße können sehr kritisch ausfallen. Gerade Kleidung für Hunde ist ein, immer wieder breit diskutiertes, Thema, zu dem es viele Meinungen und Ansichten gibt. Dass jemand seinem Vierbeiner eine Brille aufsetzt sieht man nun nicht alle Tage, daher haben wir Hundehalter/innen gefragt, wie denn auf der Straße und im Netz auf ihre Fellnasen reagiert wird. Neben skurrilen Reaktionen, bei denen Menschen in Laternen laufen, weil sie ihren Augen nicht trauen können oder leichtere Autounfälle, verursacht werden, weil die Hundebrille den Fahrer so ablenkt, stoßen die meisten Hundeeltern doch auf großflächiges Verständnis.

Lucia B. erzählt beispielsweise: „Ich habe immer nur total tolle Reaktionen bekommen. Er ist jetzt Astronaut, Fallschirmspringer, Düsenjetflieger, Rennfahrer und so weiter. Alle waren immer super begeistert und wollten ihn knuddeln
Auch Katharina F. bekommt oft lustige Fragen zu hören, wie die, ob ihr Hund tauchen geht.
In der Anonymität des Netzes stößt man eher auf Kritik und Widerspruch. So wurde Lucia B. schon der Tierquälerei beschuldigt und es finden sich einige Kommentare unter Bildern von Hunden mit Brillen, die sehr negativ sind.