Peking greift durch: Neues Sicherheitsgesetz für Hongkong

Hongkong Proteste auf denen große Menschenmengen mit Schutzmasken zu sehen sind

In den letzten Wochen kam es in Hongkong wieder zu massiven Demonstrationen und Ausschreitungen. Grund dafür ist die Ankündigung eines neuen „Sicherheitsgesetzes“ durch die Zentralregierung Chinas. Dieses Gesetz hätte schwerwiegende rechtliche Auswirkungen auf Hongkong. Was würde das für die Sonderverwaltungszone bedeuten?

„Ein Land, zwei Systeme“

Inmitten der weltweiten Coronavirus-Bekämpfung hat die chinesische Zentralregierung am 28. Mai das „Gesetz über die nationale Sicherheit“ angekündigt. Dieses Gesetz wurde trotz heftiger Proteste vom Nationalen Volkskongress in Peking ohne Beteiligung des Hongkonger Parlaments beschlossen.

Die aktuelle rechtliche Lage Hongkongs wurde 1997 mit dem Leitspruch „Ein Land, zwei Systeme“ in der chinesischen Verfassung festgelegt. Diese gesteht Hongkong hohe Autonomie zu und ermöglicht eine freie Marktwirtschaft, anders als das chinesische Festland. Hongkong hat außerdem eine eigene Justiz und ein vom chinesischen Festland getrenntes Rechtssystem. Diese Rechte beinhalten auch das Recht auf Versammlungs- und Redefreiheit.

Das neue „Sicherheitsgesetz“

Mit dem sogenannten „Sicherheitsgesetz“ können nun all jene ins Gefängnis kommen, die sich für die vertraglich zugesicherte Autonomie Hongkongs einsetzen. Sie können als Separatisten oder Verschwörer angeklagt werden. Zudem sollen in Hongkong Büros eingerichtet werden, mit denen die Einhaltung des Gesetzes überprüft und chinesische Sicherheitskräfte in Hongkong eingesetzt werden können. Das Gesetz selbst ist sehr weitreichend und derzeit noch unspezifisch formuliert. Es wurde an das Hongkonger Grundgesetz angefügt und soll in den kommenden Wochen noch vom ständigen Ausschuss des Politbüros in Peking weiter konkretisiert werden.

Widerstand in Hongkong

Die chinesische Zentralregierung versucht immer wieder, die Autonomie Hongkongs zu untergraben. So kam es als Gegenmaßnahme schon 2014 im Zeichen der sogenannten „Regenschirmbewegung“ zur Besetzung von Finanzdistrikten und zu Protesten in der ganzen Stadt. Die Demonstranten forderten damals freie Wahlen. Im Februar 2019 brachte die chinesische Zentralregierung dann ein Gesetz ein, das Auslieferungen von Verdächtigen von Hongkong nach Festlandchina ermöglicht hätte. Somit könnte jede beliebige Person an Festlandchina ausgeliefert werden, um dort vor Gericht zu stehen.

Das geplante Auslieferungsgesetz stieß auf gewaltigen Gegenwind. Seit Juni 2019 finden regelmäßige Demonstrationen statt. An den Massenprotesten gegen das geplante Auslieferungsgesetz nahmen bis zu 2 Millionen Menschen teil. Das Gesetz wurde im Oktober 2019 nach monatelang anhaltenden Protesten letztendlich wieder zurückgenommen. 

Daraufhin konnte die Zentralregierung im November die Folgen der Proteste in den Lokalwahlen spüren. Hier gingen 18 von 19 Bezirken an die Demokratiebewegung. Noch im September 2020 finden in Hongkong wichtige Parlamentswahlen statt. Hier könnte es passieren, dass China die Kontrolle über das Regierungs-Gremium abhandenkommt.

Heftige Kritik am neuen Gesetz

Mit dem neuen Sicherheitsgesetz sieht das Demokratielager seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Denn dieses Gesetz sei der bisher stärkste Eingriff in Hongkongs Autonomie. Aktivisten forderten die Menschen auf, sich gegen den Vorschlag zu wehren. „Peking versucht die kritischen Stimmen der Hongkonger mit Gewalt und Angst zum Schweigen zu bringen“ meint Joshua Wong, einer der führenden Aktivisten der Proteste im Jahr 2014.

Die Regierungschefin von Hongkong, Carrie Lam, meinte hingegen, ihre Regierung werde „uneingeschränkt mit dem chinesischen Parlament zusammenarbeiten“, um die nationale Sicherheit zu gewährleisten. Individuelle Rechte, Freiheiten oder die Unabhängigkeit der Justiz würden von dem Gesetz nicht beeinträchtigen werden.

Das Hongkonger Grundgesetz, auf dem diese Freiheiten basieren, verliert mit dem Jahr 2047 seine Gültigkeit. Denn die 50 Jahre nach der Übergabe Hongkongs an China gelten als „Übergangszeit“. Was genau danach geschieht, ist nie besprochen oder schriftlich festgehalten worden. Die Zukunft Hongkongs ist daher ungewiss.

Bildnachweis: DSCF5666 von Studio Incendo, CC BY 2.0