Der Sonderweg Schwedens gegen Corona
Während die meisten Länder Europas immer härtere Maßnahmen ergreifen, gehen die Schweden im Kampf gegen Covid-19 andere Wege
Das Glück der Normalität
Webcams in Stockholm zeigen Bilder von Menschenmassen, die sich beim schönem Frühlingswetter durch die Straßen drängen, Shoppen gehen oder einen Kaffee in den Gastgärten genießen. Ebenso sieht man auf Skipisten zahlreiche Besucher auf den Strecken fahren. Und das zu einer Zeit, indem das öffentliche Leben in allen anderen EU-Ländern, und auch weltweit, dank des Corona Virus zu erliegen gekommen ist. Was also geht in dem Königreich vor sich?
Schweden hatte den ersten bestätigten Corona-Fall bereits am 31 Jänner 2020, bei dem es sich um eine Heimkehrerin aus Wuhan (China) handelte. Seitdem wurde kaum etwas gegen die Pandemie unternommen. Alle Restaurants und Cafés sind offen, ebenso die meisten Geschäfte; sogar vom Besuch eines Schwimmbads oder einer Sauna wird nicht abgeraten. Zwar haben die Universitäten auf Fernunterricht umgestellt, aber Kinder bis zur 9. Schulstuffe gehen weiter in der Schule. Auch die Grenzen sind weiterhin für EU-Bürger geöffnet, ebenso einige Ski-Gebiete. Dabei hatten sich jedoch vor allem Skigebiete als besonders intensive Ansteckungsherde erwiesen, wie unter anderem in Österreich sehr deutlich wurde.
Freizügigere Maßnahmen
Vermutlich wundert sich mittlerweile ganz Europa über die Maßnahmen in Schweden, aber so ist derzeit die offizielle Strategie, die von Ministerpräsident Stefan Löfven (SAP) und dem obersten Staatsepidemiologen Anders Tegnell eingeführt wurde. Laut Chefepidemiologe „könne man die weitere Verbreitung ohnehin nicht stoppen“, weshalb sie einen anderen Weg wählen würden. Die beiden setzen vor allem auf Eigenverantwortung und die Vernunft der Bevölkerung. Verbote gibt es kaum, mit Ausnahme der Empfehlung für Menschen, die sich krank fühlen, sowie alle Personen über 70, daheim zubleiben.
Erst jetzt werden schrittweise Regelungen von der Regierung eingeführt, um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen. Dennoch kann man diese an den Fingern einer Hand abzählen. Dabei gilt zum Beispiel für mehr als 50 Personen ein Versammlungsverbot. In Restaurants dürfen die Speisen und Getränke nur noch am Tisch bestellt werden, nicht an der Bar. Die Saison in den großen Ski-Gebieten wurde am 6.April vorzeitig beendet. Und da es zu immer mehr Infektionen in Altersheimen kommt, wurde für diese ein Besuchsverbot verhängt.
Hat die Strategie auch positive Seiten?
Obwohl es auch Kritik gibt, wird dieser Sonderweg im Schwedischen Königreich von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt. Dazu äußerte sich Schwedens Staatsepidemiologe zuversichtlich: „Wir sind überzeugt, dass dies hier der richtige Weg ist“. Die Risiko-Gruppe hält sich streng an die Anweisungen und bleibt so gut, es geht zu Hause, die anderen Menschen schenken ihr Vertrauen der Regierung und freuen sich, dass Sie ihre alltägliche Normalität aufrechthalten können. Auch für die Wirtschaft des Landes entsteht dadurch vermutlich nur ein geringer Schaden, denn die Menschen und Betriebe können weiterhin Konsumieren und Produzieren wie gewohnt.
Da bis jetzt keiner genau weiß, was der beste Weg im Kampf gegen das Virus ist, wird man wohl erst im Nachhinein die Richtigkeit der Strategien beurteilen können.
Aktuelle Zahlen: Immer mehr Tote
Vermutlich bleibt Schweden nicht mehr lange in so einer optimistischen Stimmung, da die aktuellen Zahlen eine ganz andere Sprache sprechen. Die Zahl der Infizierten hat in den letzten Tagen enorm zugenommen, vor allem die der Todesfälle steigt rasant. Laut Angaben der Hopkins University gibt es schon 9141 Infizierten, davon 793 Todesfälle (Stand 09.04). Im Vergleich dazu ist die Anzahl an Todesfällen in den skandinavischen Nachbarländern deutlich geringer (Norwegen 6160 Infizierte 108 Todesfälle, Finnland 2605 Infizierte 42 Todesfälle).
© Sweden Flag by Kat Dodd CC BY 2.0
Typisch Schweden und ihre liberale Gesellschaft